Jan Geiger über erste Schreibversuche, Schreiben als Beruf und Theatertexte | #AtelierMonaco-Szene

Jan Geiger spricht mit Katrin Diehl über seine ersten literarischen Schreibversuche, was er am Pathos theater macht, wie er als Autor in München über die Runden kommt und warum welche Netzwerke für ihn so wichtig sind – vierte Folge der #AtelierMonaco-Szene der Monacensia. 

Jan Geiger. Foto: Jean-Marc Turmes
Jan Geiger. Foto: Jean-Marc Turmes

Jan Geiger:  Pathos theater, Netzwerke und Autor – Interview

Bei der Themenauswahl sei er nicht festgelegt, sagt er, mal seien es „Sachen, die ich mir anarbeite“, mal etwas, das ihn einfach anspringe. Jedenfalls hat Jan Geiger gut mit all dem zu tun, und nicht weniger, seit er seit diesem Jahr die künstlerische Leitung des „Pathos theater mit übernommen hat. Jan Geiger gehörte zu den lesenden AutorInnen in der Programmreihe „atelier Monaco“ („ich glaube, ich habe aus ,DRAG ME OUT‘ gelesen“), gehörte später, 2020, zum künstlerischen Leitungsteam des „Atelier Monaco Festivals“, weil er eben dafür sehr Passendes mitbrachte: Der Mann kann organisieren, kann schreiben, hat Ideen.

Jan wurde 1987 in Tübingen geboren, studierte „Literarisches Schreiben“ am DLL in Leipzig und „Soziale Arbeit“ in München.  Beim Schreiben hört er gerne Musik, „am besten funktionieren da Soundtracks von Nick Cave und Warren Ellis“. Was dabei entsteht, sind oft Theatertexte, ein Begriff, den er nicht an Form oder Genre festmacht. Jedenfalls kam von ihm schon einiges auf die Bühne, und nachzulesen gibt’s die Texte auch, und zwar unter anderem im Münchner Drei Masken Verlag. 

Erinnerst du dich an deine ersten literarischen Schreibversuche? Wann hattest du zum ersten Mal das Gefühl, Literatur zu machen?

Ach. Geschrieben habe ich schon recht früh und durchaus auch mit einem gewissen Ernst. Und klar. Am Anfang stehen meistens erst einmal Gedichte. Damit fängt man an als junge Person. Heute würde ich das, was da damals entstanden ist, als ein bisschen komisch, als ein bisschen seltsam bezeichnen. Aber auch das ist ja normal. Ich war damals 15, und mit 15 ist man eben anders drauf. In diesen ersten Gedichten ging es in einer ein bisschen peinlichen, pathetischen Art ums – nennen wir es – ums sich Orientieren. Wie ist es, seinen eigenen Weg zu finden, wie ist es, mit etwas zu brechen, wie ist es, loszulassen? All solche Sachen. Eine ziemlich pubertäre „Aufbrechlyrik“ würde ich das heute nennen. 

Und so etwas versteckt man dann als Jugendlicher, als Jugendliche erst einmal in irgendeiner Schublade, einem Karton, einem Kästchen …

Oh, nein. Überhaupt nicht. Versteckt wurde da gar nichts. Ich habe meine Zeilen aufs Papier gebracht und bin dann damit zum nächsten Poetry-Slam. Ich stand auf der Bühne, meine Hand hat gezittert, in der zittrigen Hand hielt ich meine Zettel …, und dann habe ich begonnen, dem Publikum vorzutragen … Das war in Ansbach. Ich denke 2001/2002. Ich war extrem aufgeregt. Da sitzen also an die 120 Leute und wollen deine Texte hören …

War’s erfolgreich?

Na ja, mit Lyrik bei einem Poetry Slam ist das ja immer bisschen schwierig zu erkennen. Aber ich nenne das jetzt einmal in der Rückschau einen Achtungserfolg. Ein paar Leute haben geklatscht. Manche fanden’s sogar richtig toll. Aber natürlich hatte ich keine Lacher oder so, und tendenziell muss man bei solchen Sessions ja sehr, sehr gut sein, um am Ende auch etwas zu gewinnen oder in die Szene reinzukommen. Aber diese Poetry Slams haben mir insofern schon geholfen, als die eben so einen Raum boten, in dem man sich ausprobieren konnte, und wo ich dann auch ganz verschiedene Sachen vorlesen konnte. Auch wenn ich das jetzt gar nicht mehr mache, bin ich dem Format und den Leuten, die so etwas organisieren, bis heute wirklich dankbar. Einfach dafür, dass es diese Möglichkeit, diesen Zugang gibt. 

Damals warst du 15. Blieb das Schreiben von da an als „literarischer Akt“, als künstlerische Tätigkeit durchgängig bei dir oder war das ein Kommen und Gehen?  

Nein, nein. Da gibt es tatsächlich eine Kontinuität. Seit ich 15 bin, schreibe ich. Natürlich gab es Zeiten, in denen ich weniger geschrieben habe, in denen einfach andere Dinge los waren … Dazu zählt verrückterweise auch meine erste Zeit in Leipzig. Ich habe in Leipzig ja „Literarisches Schreiben“ studiert und natürlich war Schreiben da wichtig. Aber wichtiger war in dieser Zeit einfach auch das, was man „Studentenleben“ nennt, die Möglichkeit eben, sich auf ganz unterschiedlichen Gebieten auszuprobieren, zu feiern, durchzumachen und so … Oder als ich in Chile war. Ich machte da meinen Zivildienst, bin auch hin, um ein neues Land, neue Kulturen, neue Sprachen kennenzulernen …, und natürlich habe ich dort auch geschrieben, aber es standen einfach andere Dinge im Fokus. Und so shiftet das immer mal wieder. 

Hier lässt sich gut schreiben. Einer von einigen Arbeitsplätzen von Jan Geiger. Quelle: privat. #AtelierMonaco-Szene
Hier lässt sich gut schreiben. Einer von einigen Arbeitsplätzen von Jan Geiger. Quelle: privat. #AtelierMonaco-Szene

Wann fiel die Entscheidung, das Schreiben zum Beruf zu machen?

Mit 12. Na, ja. Jedenfalls habe ich mit 12 gesagt, dass ich Schriftsteller werden möchte. Mit 10 habe ich das schon gedacht, aber noch nicht gesagt. Da hatte ich gerade viel Erich Kästner gelesen und mir fest vorgenommen, so wie er Bücher zu schreiben. Und gelesen habe ich sowieso schon immer sehr, sehr viel. Wer schreiben will, muss lesen. Ist ja klar. 

„Der Bürger rümpft darüber die Nase, für ihn ist der Körper nurmehr ein Vehikel, nichts weiter, etwas das funktioniert, der schlank und adrett zu sein hat, nicht zu viel oder im Weg oder ausladend. Er darf nicht stören. Du darfst nicht stören und wenn du in dieser Stadt ein bisschen zu breit oder zu fett oder zu hässlich bist, dann wird der Gehsteig plötzlich ganz schmal, dann wird es ganz schön eng für dich und innen wirst du immer weniger. Nach innen musst du Platz schaffen, sonst explodierst du, du trinkst Gift im Herzen, das gesund und munter schlägt. Es lebt ein verdorrter Mönch in deinem Herzen der dich in völliger Starre hält. Aus deiner Seele tropft das Harz giftiger Rinde, Harz, dick und träge wie Kommunalpolitik und Mietspiegel.“ 

DRAG ME OUT, 2019 

Welche AutorInnen liest du heute gerne? Wer von den heute Schreibenden ist für dich wichtig?

Auf jeden Fall die US-amerikanische Schriftstellerin und Performerin Miranda July. Ihr Humor, ihre Art zu schreiben …, einfach fantastisch! Und Martina Hefter mag ich auch total gerne. Sie war wie ich, aber eben einige Jahre früher, am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Sie schreibt wunderschöne Lyrik. Überhaupt finde ich, dass es gerade viele wirklich fantastische LyrikerInnen gibt. Lisa Jeschke hier aus München zähle ich da unbedingt auch dazu. Aber ich mag auch Jan Kuhlbrodt. Der schreibt alles Mögliche, auch Theaterstücke, Erzählungen, auch Lyrik. Der lehrte am Leipziger Institut … 

Wenn dich Lyrik so anspricht …, schreibst du selbst auch welche? Weil …, eigentlich sind ja Theatertexte dein Ding …

Ab und zu mache ich tatsächlich auch Lyrik, wobei ich generell sagen muss, dass die Genres bei mir durchlässig sind, dass sie „übertreten“ dürfen. In meinen Theatertexten dürfen durchaus auch lyrische Passagen vorkommen. In meinem Stück „Lacrimosa“ findet sich zum Beispiel auch eine Art Song/Gedicht/openword. Ich finde es total reizvoll, allesmögliche möglich zu machen. 

death of nightlife

so this is death
right here in silence emptiness
vanishing before our eyes
ceased to exist as moment
fragment in time
carved out of day to day existence

no sweat no drugs
no convulsing bodys
no beat no rhythm
no shouting kissing feeling
no greatness and hybris

now it’s day job sadness
a gray perspective
numbed and handcuffed and
cigarettes that taste like ash
daylight carves out wrinkles

an empty club and the smell
of vomit piss spilled alcohol
the death of revelry
drinking alone

a day job exhaustion
a day job depression
numb and handcuffed
bound and shut-in

oh the joy the inevitable
excess of the night
the feast of darkness
taking bites of your doubts
biting chunks of your isolation
drilling holes in your walls

take me away again
show me i’m not alone
give me a beat to be high on
set me free 

bring it all back
the dancers, the bouncers
the toilet ladies, the cigarette swipings, the barkeepers glance, the freezing in the queue, the djs, the vjs, the screamers, the wavers on the dancefloor, the shy kids in the back, the wild kids on the dancefloor, the guys fucking on the toilets, the girls, all the girls, and the femmes, and the queers, the sweat that we share, the performance, the look in their eyes, the busride home, the dizzy faces, the make-up, the topless dancers, the guys at the bar, always talking, high on coke, the last track and the first track of the night, the flickerings lights, the trash on the floor, the kisses to win, the drugs to take, the anthems to scream, the wishes, the pleasure, the possibilities, the encounters! the hangover and the afterhour, the moment you leave, and the one holding you back. The hour before the club opens and the longing for the next weekend

so this is death
never to feel again
promise of the night
the emptiness 

Lacrimosa, 2020

An was arbeitetest du so in letzter Zeit?

Da ist zum einen das „PANZER WIESE“-Projekt. Ich gehöre ja dem Netzwerk Münchner Theatertexter*innen (NMT) an, und wir haben da 2022 die dreijährige Optionsförderung der Stadt München bekommen. Zu fünft schrieben wir als Kollektiv an einem Text, der im November im schwere reiter auf die Bühne gekommen ist. Die „Panzerwiese“ ist ein Teil eines Naturschutzgebiets in Münchens Norden. Wir haben uns mit den Pflanzen, den Tieren, den Menschen, die da angrenzend wohnen, beschäftigt und versucht, ein Stück Landschaft, ein Stück Natur, die Spuren, die dort zu finden sind, zum Protagonisten eines Stück Textes werden zu lassen, haben versucht, uns dem Nichtmenschlichem wie dem Menschlichem anzunähern. 

wir hängen uns in den wind
sprudeln heraus und hinein
zerstäuben die ströme
wir flattern, wir schauen
es zerschneidet ein glitzern 
den himmel, ein falke
schau da 
schau da 
schau da 
kräh, kräh, kra

ein Krähentext (Panzer Wiese), 2023

Dann gibt es noch das Projekt, das unter dem Arbeitstitel „Der Stein“ läuft. Da geht es um den Rosa-Winkel-Gedenkstein, der in Dachau an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Und ich recherchiere da jetzt gerade über die Geschichte, die sich hinter diesem „Stein“ verbirgt. Dieser Gedenkstein, der erst 1995 aufgestellt wurde, musste richtig erkämpft werden. Mich interessiert auch wie diese Gedenkstätte von der heutigen LGBTQ* Community rezipiert wird. Plan ist, am Ende daraus einen Theaterabend zu machen.

Und dann …, etwas total Neues für mich. Ich habe Regie gemacht! Ende  Oktober habe ich unter dem Titel „Auszüge eines Gelbtonkatalogs“ Texte von Tristan Marquardt auf die Bühne des Pathos gebracht. War total aufregend!

Welche Netzwerke nutzt du für dein Schreiben?

Die Textwerkstatt des NMT natürlich und auch die ganzen Texttreffen, die Tristan Marquardt und Rebecca Faber organisieren. Die sind schon sehr, sehr wertvoll. Auch diese Veranstaltungen, die einfach die unterschiedlichsten schreibenden Leute zusammenbringen, wie die „Kooperationen“, ebenfalls von Tristan initiiert. So etwas finde ich super. Alle Möglichkeiten, die schreibende Szene zusammenzubringen, schätze ich sehr: Man trifft sich, trifft Leute, die man noch nicht kannte, trifft Leute, die man schon kannte, aber wieder aus den Augen verloren hat …, und schon ergibt sich der nächste Anlass, einen nächsten Termin miteinander auszumachen. Deshalb sind diese Lesereihen auch so toll. LIX von Raphaela Bardutzky, Rebecca Faber und Christina Madenach, oder auch „meine drei lyrischen ichs“ von Annalena Roters, Nora Zapf, Daniel Bayerstorfer und Tristan Marquardt, oder auch die „werk[statt]“ von Slata Roschal und Jonas Bokelmann … Den Austausch unter Schreibenden, und wenn möglich in guter Atmosphäre, halte ich für sehr wichtig. Das ist für mich als schreibende Person etwas total Wertvolles.  

Wir zoomen aus dem Geschehen heraus und sehen die Weite des Sandstrandes auf dem - fast schon klein - der Wal liegt. Miko geht dorthin, Theresa und der Kameramann sind auch auf dem Weg dorthin. Der Himmel ist unermesslich groß und weit, ebenso wie das Meer, dessen Wellen ein steter Wind mit weißen Spitzen krönt. Eine Absperrung wurde um den Wal errichtet, Polizisten sind vor Ort, aber aus der Distanz ist alles sehr ruhig und friedlich. Der Wal bewegt sich in keiner Weise. Miko erreicht den Wal und klettert auf ihm herum. Miko entfernt sich von dem Wal, das Kamerateam filmt weiter, aber wir hören nichts davon, alles ist sehr weit und wirkt wie abgefilmt, wir hören nur das befriedigende Rauschen des Windes. Ein kurzes Krachen zeigt, dass die Sprengung stattgefunden hat. Nur ganz leicht sieht man eine Bewegung, jedoch keine Fontäne. Wir wissen, dass der Wal nun zerlegt und abtransportiert wird. Obwohl wir sehen, dass nichts geschehen ist, haben wir genau darauf gewartet. Der Wind bläst weiter gemächlich, es ist unheimlich friedlich und schön. 

The Balance of Things, 2020

Wenn ich fragen darf …, wie kommt man, wie kommst du als Autor in München so finanziell über die Runden …?

Na ja. Da kann ich nur für mich antworten. Das ist die Dreijahresförderung des NMT, von der ich schon gesprochen habe, dann habe ich die halbe Stelle als künstlerischer Leiter am Pathos …, das sind gerade meine Haupteinnahmequellen. Dann kommen immer irgendwelche kleinere Dinge dazu, wie ein Schreibworkshop, den ich im Literaturhaus, in der „Bayerischen Akademie des Schreibens“, gegeben habe, oder mal hier und da eine Lesung … Man muss halt gucken …

Lässt dir der Job beim Pathos noch genug Zeit fürs Schreiben?

Das ist ganz unterschiedlich. Das sind immer so Wellen. Es gibt Zeiten, in denen extrem viel zu tun ist, in denen Dinge fertig werden müssen, in denen sehr viel zu organisieren ist, in denen Antragsdeadlines und solche Sachen ins Haus stehen. Oder eine Veranstaltung steht bevor, bei der ich selbst auch zum Orga-Team gehöre. Dann hast du halt die fünf Tage vorher kaum Zeit für etwas anderes. Dann ist das halt so. Andererseits gibt es auch Zeiten mit Leerlauf. Der Job beim Pathos hat keine wirklich festen Strukturen. Das verhindert einerseits, dass sich Routine und Planbarkeit einstellen, andererseits eröffnen sich eben auch manchmal Freiräume. Im Moment bin ich noch dabei zu lernen, damit umzugehen. Und generell sind ja neue Erfahrungen, die man macht, immer gut.  

Als Teil des Pathos-Teams wird es ja natürlich auch ein Anliegen von dir sein, mehr Literatur ins Programm zu bringen…

Ja, klar. Das ist tatsächlich ein Anliegen von mir. Und deshalb eröffne ich zum Beispiel zusammen mit dem NMT, mit Theresa Seraphin nämlich, eine neue Reihe „für Performative Texte“. Wir haben sie „Glitsh“ genannt und die erste Ausgabe gab es am 30. September. Wir hatten da, was uns total freute, Caren Jeß als unseren ersten Gast gewinnen können. Das war absolut spannend. Und natürlich versuche ich mit den begrenzten Mitteln, die wir haben, Leute und Gastspiele einzuladen, selbst Dinge auf die Beine zu stellen, bei denen Literatur im Fokus steht. 

Noch einmal zurück zu Jan Geiger als Autor. Wie bringst du dich am besten in Schreiblaune? Wie kommst du in den Flow?

Am besten klappt es, wenn ich mich vor dem Schreiben eine Viertelstunde lang auf die Couch lege und die Augen schließe. Das tut mir gut. Dann beginnen die Gedanken irgendwann zu fließen. Dann kann ich mich später gut hinsetzen und schreiben, und dann ist es auch oft so, dass sich beim Schreiben wie von selbst eine Textform entwickelt. Und genauso mag ich das: alles entsteht beim Machen. 

„Gib mir eine Diagnose Doc.
Mach einfach, dass es besser wird, Doc.
Ich will nur diesen Schein, Doc, damit ich weitergehen kann.
Ja, ich bin ja hier, Doc, ich rede ja mit dir.
Klar, erzähle ich dir alles.
Mein Leben und alles was du hören willst.
Please, es ist egal, dass ich dich weder kenne noch leiden kann.
Es ist egal, was ich will, weil ich an dir vorbei muss.
Von dir hängt es ab, Doc.
Ich hoffe das meine Schmerzen und mein Selbsthass dann enden, ja.
Eigentlich wollte ich das immer, Doc.
Eigentlich schon immer. Doc.
Gib mir Pillen.
Nimm mein Sperma, Doc, frier es ein, Doc.
Ich will es gerade nicht mehr.
Und später ist es zu nichts mehr zu gebrauchen.
Gib mir die Spritzen Doc, gib mir das Gel, die Tabletten, die Pflaster.
Gib mir einfach, was ich will, Doc.
Und lass mich frei!
Lass mich einfach gehen, Doc!
Klar erzähle ich dir, wie ich jetzt mein Geschlechtsteil nenne.
Doc, alles was du willst, Doc!
Ich werde eine stimmige Geschichte daraus zimmern, eine ohne Brüche, eine mit abgerundeten Ecken, mit abgeschliffenen Kanten, mit einer Kuschelecke am Kachelofen, mit Lammfell, ich werde eine Geschichte erzählen, so stimmig, so besonders, so anders, aber so wiedererkennbar, so vertraut, so plausibel, du wirst gar nicht anders können. Ich bin die weltallerbeste Geschichtenerzähler*in. Gib mir ein bisschen Raum mich auszubreiten. Ich werde ausholen, ich werde episch sein. Ich werde den Raum füllen. Ich drücke dich an die Wand mit meinen Storys. Ich werde dir vom Ekel berichten, von der Dysphorie, von der Angst, von den Kämpfen und von der Diskriminierung. Und von den Schmerzen, von den Spiegeln und den Spiegelungen, von dem was ich in den Gesichtern sah und dem, was ich in mir selbst sehe. Von allem, was mir Angst macht. 

Doc, ich weiß ich kann‘s.
Ich weiß, ich bin‘s. Glaub mir einfach.
So ging wieder zum Meer hinunter an die Klippen und sprang ins Wasser und umrundete die Insel, ich tauchte tief hinunter. Daher weiß ich auch, dass es eine schwimmende Insel ist.“

the island, 2022

Interview: Katrin Diehl


SAVE THE DATE: 2. Dezember, ab 20:30 – Abschlussbally

  • mit Jan Geiger zur #MünchnerSchiene. Party mit Drag Show zu Bally Prell 

Zum Abschluss der Münchner Schiene richtet sich der Blick auf einen offensichtlichen, aber wenig thematisierten Bereich von Literatur: Kostüm, Rollenspiel und Verkleidung.

Im Theater, beim Film, im Kabarett, in der Subkultur und der queeren Szene verleiht Mode dem Auftritt Bedeutung. Der Theatertexter Jan Geigerund die Drag Queen Vicky Voyage beschäftigen sich im Archiv der Monacensia mit der legendären Münchner Volkskünstlerin Bally Prell (1922–1982), die mit ihren Verkleidungen Rollenerwartungen sprengte.

Das Ergebnis der künstlerischen Recherche ist eine Live-Performance mit Texten und lip sncs. Beim offiziellen Abschlussbally wird ausgelassen gefeiert und wer will, ist herzlich dazu eingeladen, sich selbst in Schale zu werfen.

Musik: DJ Catchee.


Katrin Diehl. Foto: Frank Zuber
Katrin Diehl. Foto: Frank Zuber

Dr. Katrin Diehl, geboren in Mannheim, studierte zunächst an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, bevor sie an die Deutsche Journalistenschule in München wechselte. Seitdem arbeitet sie als freie Journalistin sowie Autorin und ist Mitglied des NMT*.



Blog-Artikel zur Münchner Schiene:

Blog-Artikel zu Akteur*innen der Münchner Schiene:


Monacensia im Hildebrandhaus
Maria-Theresia-Str. 23
81675 München

Öffnungszeiten: Mo – Mi, Fr 9.30 – 17.30, Do 12.00 – 22.00 | Ausstellungen auch Sa, So 11.00 – 18.00 | Eintritt frei

Besucht auch gerne die Cafébar Mona.

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