Reading Challenge im Juli
Unser Alltag ist längst digitalisiert – und immer öfter erzählt auch die Literatur davon und denkt darüber nach. Wir lesen Romane, die von der digitalen Gesellschaft handeln.
(Ein Klick aufs jeweilige Cover führt euch in unseren Onlinekatalog zum Ausleihen oder Vormerken.)
Ian McEwan: Maschinen wie ich
Künstliche Intelligenz, Roboter, die in japanischen Altenheimen Pflegeaufgaben übernehmen – da erscheint es gar nicht mehr so unwahrscheinlich, dass wir auch sie noch erleben werden: Anroiden.
Stefanie / Stadtbibliothek Laim
Sie haben mich immer fasziniert, diese künstlichen Menschen. Ob „Blade Runner“ (das Buch erschien schon 1968, Ridley Scotts viel bekannterer Film 1982), Steven Spielbergs „AI“ oder die Figur Bishop in den „Alien“-Filmen: In all diesen Geschichten geht es um den Konflikt, ob diese künstlich erschaffenen bzw konstruierten Wesen Maschinen sind, die man nach Bedarf benutzen und entsorgen kann, oder nicht doch auf ihre ganz eigene Weise fühlende Lebewesen mit eigenen Rechten.
Jetzt hat der bekannte britische Autor Ian McEwan einen spannenden, intelligenten und nicht zuletzt originellen Roman zum Thema veröffentlicht.
In einem dem unseren sehr ähnlichen Paralleluniversum (schon das ein herrlicher erzählerischer Kniff) ist die digitale Entwicklung so weit fortgeschritten, dass Charlie, ein charmanter Lebenskünstler Anfang 30, sich den Androiden Adam (!) anschaffen kann: gut aussehend, hoch intelligent, äußerst lernfähig und stets auf die eigene Optimierung bedacht. Die recht komplexe Handlung soll hier nicht erzählt werden – nur so viel: Adams klare Logik, die Unbestechlichkeit, mit der er von ihm einmal durchdrungene philosophische und moralische Prämissen auch in seinem persönlichen Umfeld umsetzt, bringen Adam und seine Freundin Miranda schon bald bös in die Klemme – und ein Techtelmechtel zwischen Adam und Miranda (ja, das geht!) macht die Dinge auch nicht eben einfacher.
McEwans Antwort auf die Frage nach dem, was uns von einem künstlichen „Adam“ unterscheidet, fällt denn auch eher desillusioniert aus: Den spezifischen „menschlichen Faktor“ sieht er in der moralische Unschärfe und Inkonsequenz, dem Taktieren und Kompromisse-Suchen, mit dem der Mensch den Herausforderungen und Widersprüchlichkeiten des Lebens begegnet.
By the way:
Philip K. Dicks SF-story „Blade Runner“ erschien ursprünglich unter dem Titel „Do Androids Dream of Electric Sheep?“ – schöön, finde ich.
Marc-Uwe Kling: QualityLand
Immer wenn ich mit Freund*innen über Künstliche Intelligenz und wie KI unser Leben verändern wird, diskutiere, empfehle ich das Buch QualityLand. In dem satirischen Roman wird ein Zukunftsszenario entworfen, in der KI zur Durchsetzung von kommerziellen und politischen Interessen benutzt wird. Vieles, was darin in sehr überzogener und karikaturhafter Form beschrieben wird, kommt einem aber gar nicht so fremd vor und ist eigentlich schon Realität.
Margit / Programm- und Öffentlichkeitsarbeit
Nach der Lektüre ist man jedenfalls voll von der Bedeutung von Datenschutzbestimmungen überzeugt.
Bijan Moini: Der Würfel
„Aber niemand kann wirksam in seine Entwürdigung einwilligen, auch die Kubisten nicht“ – ich habe das Buch im Urlaub am Ostseestrand gelesen…ist schon eine Weile her. Naja, wobei gelesen…eher verschlungen! Es ist eine wirklich gut geschriebene Geschichte mit sympathischen Protagonist*innen. Wie so viele Dystopien beschäftigt sich auch diese mit den Themen Freiheit, Verantwortung und Überwachung. Darf ich freiwillig unfrei sein? Und kann ich anderen diese Unfreiheit dann auch aufbürden? Dürfen Wenige über das Schicksal Vieler entscheiden? Schön an Dystopien finde ich, dass sie meist Fragen aufwerfen, welche bereits heute relevant sind und sie zwingen mich immer wieder mein Verhalten im Hier und Jetzt kritisch zu prüfen.
Birgit/ Stadtbibliothek Am Gasteig
Kevin Brooks: iBoy
Tom, jetzt iBoy – ein Superheld, weil ein iPhone (durch einen Unfall) mit seinem Gehirn eine besondere Verbindung eingegangen ist, die es ihm erlaubt, jede Sekunde online zu sein und sich in alle Datenbanken der Welt zu hacken… Eigentlich ein Thriller für Jugendliche, aber auch mich – als Ü60 – hat das Buch mit seiner irrwitzigen Story und einzigartigen Erzählweise in den Bann gezogen. Während des Lesens glaubt man tatsächlich die flimmernde Datenüberdosis selbst zu spüren…
Rita / Zentrale Dienste
Katie Kacvinsky: Maddie
Von vielen Dystopien die ich gelesen habe, blieb mir diese Reihe am stärksten im Gedächtnis, vor allem mit dem Aspekt des Digitalen Lebens, das in der Reihe vorgestellt wird.
Pamela / Stadtbibliothek Allach-Untermenzing
Das ganze Leben spielt sich dort online ab. Schule – online; Einkaufen – wöchentliche Lieferung; sich in einem Café zu treffen ist verpönt.
Die Bücher spielen zwar im Jahr 2060 aber vieles davon kann man sich leider zu gut vorstellen.
Artur Dziuk: Das Ting
Ein Navigationssystem fürs Leben? Klingt ja erstmal nicht schlecht. Wer wünscht sich nicht manchmal eine Person oder auch ein „Ting“, welches die ultimativen Ratschläge parat hat? Aber ganz so einfach scheint es mal wieder nicht zu sein. Wem dient die KI hinter dem Ting? Agiert es für oder gegen die Nutzer*innen? Eigentlich eine Dystopie, aber man könnte das Buch auch gut als Gruselroman betiteln.
Birgit/ Stadtbibliothek Am Gasteig
Ursula Poznanski: Erebos
In dem Jugend-Thriller geht es um den Schüler Nick, der ein geheimes Computerspiel bekommt: Erebos
Ursula/ Stadtbibliothek Am Gasteig
Die Regeln des Spiels sind äußerst streng: Jeder hat nur eine Chance. Er darf mit niemandem darüber reden und muss immer allein spielen. Und wer gegen die Regeln verstößt oder seine Aufgaben nicht erfüllt, fliegt raus und kann Erebos auch nicht mehr starten. Erebos lässt Fiktion und Wirklichkeit auf irritierende Weise verschwimmen: Die Aufgaben, die das Spiel stellt, müssen in der realen Welt ausgeführt werden. Auch Nick ist süchtig nach Erebos – bis es ihm befiehlt, einen Menschen umzubringen …
Das Buch ist sehr spannend geschrieben, sodass man es nicht mehr aus der Hand legen will. Es wird erschreckend klar, wie leicht die digitale Welt Einfluss auf unser Handeln ausüben kann. Sobald der Eindruck entsteht, dass man beliebt und erfolgreich ist, lässt man sich gnadenlos manipulieren.
Der Roman hat einige bedeutende Preise gewonnen, darunter den Deutschen Jugendliteraturpreis 2011.
2019 kam der zweite Band „Erebos 2“ heraus, der auch sofort auf der Spiegel-Bestseller-Liste stand. Dieses Buch habe ich leider noch nicht gelesen, es verspricht aber wieder spannend zu werden… 😊
Steven Levy:
Facebook – Weltmacht am Abgrund
Im Grunde kann man dieses Buch als Fortsetzung zu Kirkpatricks Facebook-Biografie lesen. Doch so schön es bei Kirkpatrick los ging, so düster geht die Saga bei Levy weiter. Aus dem einst idealistischen Traum die Welt, zu verbinden, ist inzwischen fast ein Alptraum geworden. Wer wissen will, wie es um Facebook steht und wie es zu dem wurde, was es heute ist, sei dieses Buch empfohlen.
Birgit/ Stadtbibliothek Am Gasteig
Und übrigens, auch Menschen, die sich von der Plattform Facebook distanzieren, sollten die Lektüre in Erwägung ziehen. Viel zu leicht vergisst man, dass auch Instagram und Whatsapp längst zum Konzern gehören.Was nach meiner Erfahrung immer bleibt, nachdem man sich mit Zuckerberg und seinem Tun beschäftigt hat, ist Ratlosigkeit – denn was diesen Menschen antreibt und was in ihm vorgeht – ich jedenfalls komme nicht dahinter!
Patricia Cammarata: Dreißig Minuten , dann ist aber Schluss!
Eine der entspanntesten und lehreichsten Medienerziehungslektüre der letzten Zeit.
Astrid/ Programm- und Öffentlichkeitsarbeit
Warum ich das Buch mag? Konstruktiver, ehrlicher Elternratgeber zum Thema digitale Medien und Medienerziehung in der Familie, Wissensvermittlung auf Augenhöhe – ein Buch das motiviert, sich gemeinsam mit seinen Kids in den Mediendschungel zu begeben.