Auslese: Graphic Novels von Autorinnen

Erfunden wurde der so genannte Bechdel-Test bereits vor mehr als 30 Jahren, doch berühmt wurde er erst 2011 durch einen Artikel im Magazin New Yorker. In ihrer Comicstrip-Serie „Dykes To Watch Out For“ (1985) hat die amerikanische Zeichnerin Alison Bechdel einer ihrer Figuren ein dreistufiges Prüfverfahren für Filme in den Mund gelegt. Sie schaue sich Filme nur dann an, so die junge Feministin, wenn folgende drei Fragen mit „Ja“ beantwortet werden könnten: Gibt es mindestens zwei Frauenrollen? Sprechen sie miteinander? Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann?

Der Bechdel-Test ist kein wissenschaftlicher Test und sagt auch nichts über die Qualität des jeweiligen Werks. Aber er verrät so einiges über männliche und weibliche Stereotype – denen man ja nicht nur in Filmen begegnet, sondern auch in Romanen und selbstredend auch in Graphic Novels (Stichwort: Superhelden). Zum Weltfrauentag (und natürlich auch zu Alison Bechdels Ehren!) deshalb hier acht Empfehlungen: Graphic Novels von und über Frauen (aber nicht nur…). Ein Klick aufs jeweilige Cover führt in unseren Onlinekatalog.


Alison Bechdel: Fun Home. Eine Familie von Gezeichneten
Kiepenheuer & Witsch, 240 Seiten, dt. von Sabine Küchler und Denis Scheck

Alison Bechdel, Autorin und Erzählerin von „Fun Home“, verstand in ihrer Jugend nie, warum ihr Vater, Bestattungsunternehmer und Englischlehrer an der örtlichen High School, offenbar seine Bücher mehr liebte als seine Familie. Sie leben in einem Haus aus dem Jahr 1867, stilvoll und detailversessen restauriert vom Vater. Als Alison 19 Jahre alt ist, kommt ihr Vater ums Leben. Selbstmord oder Unfall? Das wird sich nicht mehr klären lassen. Was aber ans Licht kommt, ist ein Geheimnis, das Vater und Tochter teilen: Beide sind sie homosexuell. (Text: Verlag)


Alison Bechdel: Wer ist hier die Mutter? Ein Comic-Drama
Kiepenheuer & Witsch, 286 Seiten, dt. von Thomas Pletzinger

Den komplexen Prozess, mit der eigenen Geschichte und den eigenen Eltern klarzukommen, zeichnet Alison Bechdel auf noch nie dagewesene Weise nach und auf. Sie bewegt sich dabei ebenso elegant auf den Spuren Virginia Woolfs wie in den Schriften des Psychoanalytikers Donald Winnicott, den sie gern als Mutter gehabt hätte. Kaum verwunderlich bei einer Mutter, die im echten Leben urplötzlich aufhört, die Tochter zu küssen, und immer auf Abstand bleibt. (Text: Verlag)


Gabrielle Bell: Die Voyeure
Metrolit, 160 Seiten, dt. von Thomas Stegers

„Die Voyeure“ ist eine autobiografisch erzählte Graphic Novel der bekannten Comic- Künstlerin Gabrielle Bell, die für ihre nachdenklichen, exzentrischen und lustigen Comics von der Presse ebenso gefeiert wird wie von namhaften Kollegen wie Chris Ware oder Art Spiegelman. (Text: Verlag)

„Bells messerscharfer Blick auf die eigene Vita und das Gesellschaftsgeschehen gelangt in ihren prägnanten Zeichnungen und schlauen Kommentaren zum Ausdruck. Mit Tiefgang und künstlerischer Distanz beschreibt sie ein Leben, dass trotz seiner Spezifik viele Anknüpfungspunkte für Identifikation und Selbsterkenntnis bietet.“ (AVIVA Berlin)


Sarah Glidden: Im Schatten des Krieges. Reportagen aus Syrien, dem Irak und der Türkei
Reprodukt, 304 Seiten, dt. von Ulrich Pröfrock

Für viele Amerikaner manifestierte sich der Irakkrieg lediglich in erschreckenden, aber abstrakten Statistiken. Was die Öffentlichkeit erreichte, kam von “embedded journalists”, jenen Berichterstattern, die unter Aufsicht des amerikanischen Militärs standen. Zwei junge amerikanische Journalisten sind jedoch festentschlossen, ihre Landsleute über die fatalen Folgen dieses Krieges aufzuklären. Sie reisen 2010 in den Nahen Osten, um vor Ort über die Realität des Irakkriegs und die Situation der Kriegsflüchtlinge zu berichten. Für Konfliktpotenzial sorgt dabei ein Freund aus Kindertagen, der als Soldat im Irak war und nun als Zivilist dorthin zurückkehrt. Sarah Glidden begleitet das Trio und dokumentiert die Reise, die für die jungen Amerikaner auch immer ein Ringen darum ist, mit ihren eigenen Entschlüssen und denen ihres Landes ins Gericht zu gehen. (Text: Verlag)


Marjane Satrapi: Persepolis
Edition Moderne / Ueberreuter, zwei Bände

Aus der Perspektive eines kleinen Mädchens erzählt die gebürtige Iranerin Marjane Satrapi von der islamischen Revolution von 1979 und vom Krieg mit dem Irak – und zwar in einer einfachen, aber effektiven Bildsprache. Um dem iranisch-irakischen Krieg zu entkommen, wird sie als Jugendliche von ihren Eltern aus Teheran nach Wien geschickt. Nach vier Jahren kehrt sie trotz der Faszination der europäischen Jugendkultur wegen Heimweh nach Teheran zurück, wo sie als dekadent gilt und mit den täglichen Widerwärtigkeiten des islamischen Regimes konfrontiert wird. Von nun an ist sie nirgendwo mehr zuhause. (Text: Verlag)


Birgit Weyhe: Madgermanes
Avant Verlag, 240 Seiten

Ihr auf vier Jahre befristeter Aufenthalt sollte dazu dienen, ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen und Berufserfahrung zu sammeln, um nach ihrer Rückkehr zum Aufbau eines unabängigen sozialistischen Mosambiks beizutragen. Die Realität sah anders aus. Die „Madgermanes“, wie sie in Mosambik genannt werden, eine Wortschöpfung aus „Verrückte Deutsche“ und „Made in Germany“, kehrten in ein vom Bürgerkrieg völlig zerstörtes Land zurück. Für ihre Berufsausbildung gab es keine Verwendung, und der von der Regierung treuhänderisch einbehaltene Lohn wurde nie ausgezahlt… Birgit Weyhe recherchiert diese kaum bekannte Fußnote deutsch-mosambikanischer Geschichte, indem sie die Betroffenen selbst zu Wort kommen lässt. Sie dreht die übliche Perspektive eines deutschen Blicks auf die Welt um und portätiert zugleich einen Staat vor dessen Untergang. (Text: Verlag)


Yi Luo: Running Girl
Reprodukt, 32 Seiten

Li lebt seit einem Jahr in Deutschland, geht zur Uni und arbeitet als Kellnerin in einem Sushi-Restaurant. Aufgrund ihrer Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache zieht die junge Frau sich in ihre eigene Welt zurück und telefoniert täglich über Stunden mit ihrem Freund in China. Nur im Restaurant fühlt Li sich wohl. Hier denkt sie sich Geschichten über die Gäste aus – wie zum Beispiel “Manfred”, der stets allein isst. Ein Anruf aus der Heimat und eine zufällige Begegnung sollen schließlich dazu führen, dass Li beginnt, sich ihrer neuen Umgebung zu öffnen. (Text: Verlag)


Barbara Yelin: Irmina
Reprodukt, 288 Seiten

Die ehrgeizige Irmina reist Mitte der 1930er Jahre nach London, um eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin zu beginnen. Dort lernt sie Howard aus der Karibik kennen, dem sie sich im Streben nach einem selbstbestimmten Leben verbunden fühlt. Durch den klugen und zielstrebigen Oxfordstudenten beginnt Irmina ihren Blick auf die Welt zu öffnen. Doch findet ihre Beziehung ein jähes Ende, als Irmina, bedrängt durch die politische Situation, nach Berlin zurückkehrt. Im nationalsozialistischen Deutschland steht sie vor der Möglichkeit, den erstrebten Wohlstand endlich zu erlangen, wenn sie dafür die verbrecherische Ideologie des Regimes nicht infrage stellt. Und die politischen Ereignisse eskalieren weiter und weiter… (Text: Verlag)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Beitragsnavigation: