Lesungen, Konzerte, Ausstellungen und vieles mehr: Unser Veranstaltungsprogramm ist umfangreich und vielfältig, gleichsam täglich könnt ihr neue Menschen und Ideen entdecken. Damit ihr unsere Gäste ein bisschen besser kennenlernen könnt, stellen wir sie hier im Blog mit unserem Fragebogen vor.
Heute: In unserem Debattenformat „Kontrovers“ widmet sich die Kulturwissenschaftlerin und Autorin Elisabeth Lechner zusammen mit der Journalistin Kathrin Tschorn sowie Christine Knödler (Literaturkritikerin) und Frank Griesheimer (Jugendbuchlektor) der Frage, welche Körperbilder die Kinder- und Jugendliteratur vermittelt und wo sie sich zwischen Body Positivity und Body Shaming verortet. Das Gespräch findet am 4. Mai um 19.00 Uhr als Live-Stream statt und ist auch danach auf Youtube zu sehen.
1. Stellen Sie sich bitte kurz vor.
Mein Name ist Elisabeth Lechner. Ich bin Kulturwissenschaftlerin und habe zu „ekligen“ weiblichen Körpern und Body Positivity an der Universität Wien promoviert. Ich forsche an der Schnittstelle von Popkultur-Studien, feministischer Medienwissenschaft, Affect & Body Studies, publiziere wissenschaftlich und essayistisch und gebe Workshops zu Medienkompetenz, Feminismus, Body Positivity, Body Shaming und Lookismus. Ich arbeite als Referentin im Büro für digitale Agenden der Arbeiterkammer Wien. Mein Buch „Riot, don’t diet! Aufstand der widerspenstigen Körper“ erscheint am 12. April 2021 bei Kremayr & Scheriau.
2. Können Sie uns ein Buch empfehlen?
Ich lese gerade „Girl, Woman, Other“ von Bernardine Evaristo und bin begeistert von der Vielstimmigkeit dieses Romans, seinen präzisen Gesellschaftsanalysen und dem teilweise bitterbösen Humor, der nicht davor zurückschreckt den Finger in Wunden zu legen, die andere schon gerne verheilt und ein für alle Mal abgeschlossen in der Vergangenheit wüssten. Auch formal ist „Girl, Woman, Other“ absolut innovativ. Eine Bereicherung in jeder Hinsicht, vor allem aber wegen seiner lebhaften Darstellung von Großbritannien aus der Sicht der afrikanischen Diaspora, ganz besonders von ganz unterschiedlichen Women of Colour.
3. Was verbinden Sie mit Bibliotheken?
Abgesehen davon, dass meine eigene kleine Wohnung einer Bibliothek gleicht, verbinde ich viele verschiedene Erinnerungen mit Bibliotheken. Vom tagtäglichen Arbeiten an meiner Dissertation in der Österreichischen Nationalbibliothek noch bis in den Februar 2020 vor der Corona-Pandemie bis hin zu absoluter Überforderung mit Universitätsbibliotheken am Beginn meiner „Karriere“ als Studentin im Jahr 2008. Dazwischen liegen unendlich viele Stunden Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Texten, die mich über die Jahre meiner Studienzeit stark beeinflusst haben. Dass ich mich heute als Feministin verstehe, hat viel mit dem Privileg zu tun, dass ich mich mit den Schriften großer Vordenker*innen und Philosoph*innen beschäftigen konnte, deren Perspektiven meine Sicht auf die Welt grundlegend verändert haben.
4. Und wie geht es mit der Welt weiter?
Ich bin notorische Optimistin. Rational betrachtet spricht alles gegen eine positive Entwicklung der Welt: Angefangen von der Klimakrise über (neo)koloniale, rassistische Strukturen globaler Ungleichheit bis hin zu Gewalt gegen Frauen und andere marginalisierte Geschlechter sieht es nicht gut aus für die nahe Zukunft. Trotz allem glaube ich, dass eine widerständige, medienkompetente junge Generation das Ruder noch herumreißen kann und es schafft, auch den verbittertsten, profitorientierten Vorstandsvorsitzenden zu erklären, dass echte Nachhaltigkeit, Gleichstellung und Solidarität mehr wert sind als steigende Aktienkurse.