Auslese: 13 afrikanische Romane

Noch heute wird Afrika oft als „dunkler Kontinent“ tituliert. Wer so leichtfertig einen ganzen Erdteil aburteilt, dem entgeht nicht nur dessen berückende Vielfalt, sondern auch das Entstehen einer neuen Weltliteratur, die aktuell wohl die spannendsten Romane vorzuweisen hat: kosmopolitische Geschichten, mit großen historischen und gesellschaftlichen Fragen im Gepäck und stets auf der Suche nach den richtigen Worten dafür. 13 Empfehlungen.


atta_gutSefi Atta: Sag allen, es wird gut!
Peter Hammer 2015, 275 Seiten

Enitan ist elf, als sie am Gartenzaun zum ersten Mal auf Sheri trifft. Sheri, frech und ziemlich frühreif, gefällt ihr auf Anhieb. Obwohl beide Mädchen Yoruba sind und der oberen Mittelschicht in Lagos angehören, könnten ihre Familien kaum unterschiedlicher sein. Enitans Vater ist ein angesehener Rechtsanwalt, der für Meinungsfreiheit und Demokratie kämpft und seine Tochter zu einer emanzipierten Frau erzieht. Sheris Vater, ein wohlhabender Muslim, hat zwei Ehefrauen und frönt den angenehmen Seiten des Lebens. Die Mädchen gehen unterschiedliche Wege. Enitan wird Rechtsanwältin, kämpft für ihre Unabhängigkeit und bringt sich in große Gefahr, als ihr geliebter Vater verhaftet wird. Die attraktive Sheri lebt als Mätresse eines alten Generals im Luxus. Auf der Suche nach einem selbstbestimmten, glücklichen Leben, scheren die beiden Frauen, jede auf ihre Weise, aus den vorgezeichneten Bahnen aus.

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adichie_americanahChimamanda Ngozi Adichie: Americanah
S. Fischer 2014, 608 Seiten

Die große Liebe von Ifemelu und Obinze beginnt im Nigeria der neunziger Jahre. Dann trennen sich ihre Wege: Während die selbstbewusste Ifemelu in Princeton studiert, strandet Obinze als illegaler Einwanderer in London. Nach Jahren kehrt Ifemelu als bekannte Bloggerin von Heimweh getrieben in die brodelnde Metropole Lagos zurück, wo Obinze mittlerweile mit seiner Frau und Tochter lebt. Sie treffen sich wieder und stehen plötzlich vor einer Entscheidung, die ihr Leben auf den Kopf stellt.

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Cole_24772_MR1.inddTeju Cole: Jeder Tag gehört dem Dieb
Hanser 2015, 176 Seiten

Ein junger Mann kehrt nach einigen Jahren in Amerika heim nach Lagos in Nigeria, an den Ort seiner Kindheit, den er vor vielen Jahren verlassen hat. Er kommt bei Verwandten unter, trifft alte Freunde, lässt sich durch die Straßen treiben. Lagos ist anstrengend und korrupt, Verheißung und Zumutung in einem, voller Geschichten von spiritueller Größe und Verkommenheit. Jede Nacht ist ein vergeblicher Versuch, Ruhe zu finden. Und jeder Tag ein Spiegel, in dem er sich selbst immer klarer sieht. Soll er bleiben oder fliehen?

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farah_lebenNuruddin Farah: Jenes andere Leben
Suhrkamp 2016, 380 Seiten

Als Bella vom gewaltsamen Tod ihres Bruders Aar bei einem terroristischen Anschlag in Mogadischu erfährt, bricht die erfolgsverwöhnte Modefotografin umgehend auf, um sich der halbwüchsigen Kinder des Bruders anzunehmen. In Nairobi, wo Aar mit den Kindern lebte, übernimmt sie tatkräftig die Verantwortung, denn Valerie, die Mutter der Kinder, hat die Familie bereits vor Jahren verlassen, um mit einer anderen Frau ein neues Leben zu beginnen. Jetzt aber erhebt sie ihre eigenen Ansprüche, und zwischen den Frauen entspinnt sich ein gnadenloser Machtkampf …

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aniceti_regenmacherAniceti Kitereza: Die Kinder der Regenmacher. Eine afrikanische Familiensaga
Peter Hammer 2016, 645 Seiten

Aniceti Kitereza erzählt die Geschichte der Ehe von Myombekere und seiner Frau Bugonoka. Die beiden leben auf der Ukerewe-Insel im Viktoriasee zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Obwohl sie einander zugetan sind, droht ihre Ehe zu scheitern, weil sie kinderlos bleibt. Doch dann überwindet das Paar seine Unfruchtbarkeit mit Hilfe eines Heilers und bringt zwei Kinder zur Welt. Ein wichtiges Stück Dokumentarliteratur aus dem vorkolonialen Afrika, jetzt in broschierter Sonderausgabe zum 50. Geburtstag des Peter Hammer Verlages.

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Mujila 290316.inddFiston Mwanza Mujila: Tram 83
Hanser 2016, 208 Seiten

Eine heruntergekommene Großstadt in Afrika, wer hierher kommt, hat ein Ziel: Geld zu machen, egal wie. Das „Tram 83“ ist der einzige Nachtclub der Stadt, ihr pulsierendes Zentrum. Verlierer und Gewinner, Profiteure und Prostituierte, Ex-Kindersoldaten und Studenten, sie alle treffen in dieser Höhle aufeinander, um sich zu vergessen. Hier, an diesem von Kriegen, Korruption und Globalisierung gezeichneten Ort, sehen sich auch zwei ungleiche Freunde wieder: Lucien, der Schriftsteller, findet auf der Flucht vor Erpressung und Zensur Schutz bei Requiem, der sich durch das Leben gaunert.

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mengiste_loewenMaaza Mengiste: Unter den Augen des Löwen
Das Wunderhorn 2012, 317 Seiten

Während furchtbare Hungersnöte den Norden des Landes heimsuchen, wächst in der Landeshauptstadt Addis Abeba der Widerstand gegen den alten Kaiser Haile Selassie. Dawit, der Sohn des bekannten Arztes Hailu, schließt sich gegen den Willen des Vaters einer revolutionären Studentengruppe an. Als der Kaiser 1974 tatsächlich gestürzt und die jahrhundertealte Monarchie gewaltsam abgeschafft wird, kommt eine kommunistische Gruppierung an die Macht, die das Land in einen verheerenden Bürgerkrieg führt. In den Kriegswirren gerät Hailu in Schwierigkeiten, als er einer jungen Frau, die gefoltert wurde, hilft zu sterben. Dawit geht erneut in den Untergrund. Inzwischen ist sein enger Kindheitsfreund Mickey zu einem hochrangigen Polizisten aufgestiegen. Familienbande und Freundschaften sehen sich brutalen Prüfungen ausgesetzt.

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Umschlag_BlackStar_1.inddMukoma wa Ngugi: Black Star Nairobi
Transit-Buchverlag 2015, 252 Seiten

Im Dezember 2007 – in Kenia findet gerade ein von Gewalttaten begleiteter Wahlkampf statt, in den USA erklärt Barack Obama seine Präsidentschaftskandidatur – untersuchen Ishmael und O, zwei Detectivs, den Mord an einem großen, schwarzen Mann im berüchtigten Ngong-Wald, außerhalb Nairobis. Als sie nach Nairobi zurückkommen, explodiert eine Bombe. Weil viele Amerikaner unter den Opfern sind, ermittelt auch die CIA, die al Qaida oder somalische Islamisten hinter dem Terroranschlag vermutet. Die beiden Detectivs stoßen auf eine Verbindung zwischen ihrem Mordfall und dem Anschlag und entdecken bei einer heftigen, aufregenden Jagd durch Kenia, durch Mexiko, die USA und Kanada einen politisch brisanten Hintergrund: eine international operierende Geheimorganisation von hohen politischen Beamten und Managern, die das Ziel verfolgt, die sich immer weiter zuspitzende afrikanische Misere durch gezielte Morde an führenden afrikanischen Politikern zu bekämpfen. In Kenia soll das erste Exempel statuiert werden. Die beiden Detektive müssen sich entscheiden, ob sie Terror im Namen des Guten decken oder bekämpfen sollen…

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nganang_pflaumenPatrice Nganang: Zeit der Pflaumen
Peter Hammer 2014, 440 Seiten

An verschiedenen Schauplätzen verfolgt der Roman das turbulente Schicksal der Bewohner des Dorfes Edea im Süden Kameruns, wo der Zweite Weltkrieg im August 1940 beginnt. Da ist zum einen die abenteuerlich-absurde Geschichte von vier jungen Männern, die sich als Soldaten von der französischen Armee anwerben lassen und im Wüstenkrieg gegen Italiener und Deutsche als Kanonenfutter verheizt werden. Zum anderen das wechselhafte Schicksal dreier Freunde, ihrer Frauen und Familien, deren Alltag heimgesucht wird von Gewalt und Verlust und in dem doch auch fortlebt, was immer war: Lebenslust, Erotik, Freundschaft und das Weiterspinnen der eigenen Träume.

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thiongo_kraehenNgugi wa Thiong’o: Herr der Krähen
A1 Verlag 2011, 944 Seiten

Ausgangspunkt dieses geistreichen satirischen Romans ist das gigantische Bauvorhaben „Marching to Heaven“, ein moderner Turmbau zu Babel, das dem despotischen Herrscher der fiktiven Freien Republik Aburiria Weltgeltung verschaffen und ein monumentales Denkmal setzen soll. Der Herrscher ist umgeben von persönlichen Beratern, allen voran den Ministern Machokali und Sikiokuu, die ständig darum bemüht sind, dem gottgleichen Herrscher ihre Ergebenheit zu beweisen und sich eine vorteilhafte Position zu sichern. Das Bauprojekt „Marching to Heaven“ jedoch kann nur mit einem Kredit der Global Bank in New York realisiert werden. Der Herrscher und sein Außenminister Machokali reisen deshalb in die USA, doch bald sieht sich die Delegation in New York einer plötzlich auftretenden, rätselhaften Krankheit des Herrschers gegenüber. Hoffnung verspricht allein der unfreiwillig zu Ruhm und Ansehen aufgestiegene Herr der Krähen – ein Zauberer, Heiler und Wahrsager …

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obioma_flussChigozie Obioma: Der dunkle Fluss
Aufbau Verlag, 313 Seiten

Benjamin und seine Brüder leben in der Nähe eines gefährlichen Flusses. Als ihr Vater die Familie verlassen muss, verstoßen sie gegen sein Verbot, sich dem Gewässer zu nähern. Die Fische, die sie dort fangen, sind Vorboten einer Tragödie. „Knisternd vor Lebendigkeit, beladen von Vergänglichkeit, schwindelerregend sowohl im Stil als auch in der elementaren Kraft seiner Geschichte. Nur wenige Romane verdienen das Prädikat ‚mythisch‘ – Chigozie Obiomas ‚Der dunkle Fluss‘ gehört mit Sicherheit dazu. Ein wahrhaft großartiges Debüt.“ Eleanor Catton (Booker-Preis 2013)

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Ondjaki_durchsichtigOndjaki: Die Durchsichtigen
Das Wunderhorn 2015, 340 Seiten

Mitten im Zentrum der angolanischen Hauptstadt Luanda steht das Maianga-Gebäude, ein heruntergekommenes Hochhaus, an einem riesigen Loch in der Außenwand zu erkennen. Im ersten Stock strömt pausenlos frisches Wasser aus maroden Leitungen. Es ist ein Ort der Magie, Treffpunkt der Hausbewohner, Straßenhändlerinnen, Journalisten, Tagediebe. Auf dem Dach wird ein illegales Kino betrieben, das bisweilen ganz ohne Leinwand auskommt. Korrupte Beamte, ein Hahn namens Camões und ein Briefträger, der seine Briefe meist selber schreibt, gehen ein und aus, sogar ein leibhaftiger Minister taucht plötzlich auf – rein privat selbstverständlich. Im Untergrund von Luanda wird derweil nach Erdöl gebohrt, Gerüchte um eine ominöse Erschließungsgesellschaft machen die Runde, Politiker wittern das große Geld, während Angola sich auf eine weltweit beachtete Sonnenfinsternis vorbereitet, die in letzter Sekunde von der Regierung schlicht abgesagt wird. Dann überschlagen sich die Ereignisse, und Luanda brennt.

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owuor_reiseYvonne Adhiambo Owuor: Der Ort, an dem die Reise endet
DuMont 2016, 512 Seiten

Kenia, 2007. Odidi Oganda, ein hochtalentierter Student, wird in den Straßen Nairobis erschossen. Seine Schwester Ajany kehrt aus Brasilien zurück, um mit ihrem Vater seinen Leichnam nach Hause zu überführen. Doch die Heimkehr auf die verfallene Farm im Norden des Landes hält keinen Trost für sie bereit. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen, die der Mord heraufbeschworen hat und die die Familie im Griff halten: an die koloniale Gewaltherrschaft und die blutigen Auseinandersetzungen nach der Unabhängigkeit. Ajanys Mutter flieht von Wut und Trauer erfüllt in die Wildnis. Und ihr Vater muss sich einer brutalen Wahrheit stellen. Doch im Moment größter Verzweiflung entsteht auch etwas Neues: Eine Liebe – oder zumindest eine Verbindung – nimmt ihren Anfang.

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Veranstaltungstipp: Afrikanische Filmtage 2016

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