Lesungen, Konzerte, Ausstellungen und vieles mehr: In unserem Veranstaltungsprogramm gibt es täglich neue Menschen und Ideen zu entdecken. Damit ihr unsere Gäste besser kennenlernen könnt, stellen wir sie im Kurzinterview vor. Heute mit Illustratorin und Autorin Susanne Straßer. Sie hat das Titelbild für unser Bild, Bild, Bilderbuch! Aktionsprogramm gestaltet und veranstaltet in der Stadtbibliothek im Motorama eine Monotypie-Werkstatt für Kinder.
1. Wer bist du?
Ich heiße Susanne Straßer, bin in Erding geboren und dort in der Nähe aufgewachsen. Ich bin Illustratorin und Autorin und zeichne und schreibe seit mehr als 20 Jahren Geschichten für Kinder. Die meisten Familien kennen meine Reihe von lustigen Pappbilderbüchern, rund um „das Kind“, die mittlerweile in 20 Sprachen übersetzt wurde. Ich lebe mit meinem Mann und unseren beiden Söhnen in München in einem kleinen Häuschen mit Garten.

2. Was verbindest du mit Bibliotheken?
Bibliotheken sind für mich nach wie vor Rechercheorte (trotz Internet) und gleichzeitig wunderbare Leseorte, an denen ich Veranstaltungen für und mit Kindern machen kann.
Während meiner Schulzeit waren Bibliotheken für mich Schatzkammern, randvoll gefüllt mit Geschichten, die es zu entdecken galt. Ohne die kleine Schulbücherei in meiner Dorf-Grundschule, die mir den Zugang zu Büchern ermöglichte, wäre ich bestimmt keine Vielleserin geworden.
Und auch die gut ausgestattete Bibliothek am Gymnasium in Erding mit unserem hervorragenden Bibliothekar, eröffnete mir damals durch Bücher neue Welten.
3. Welches Bilderbuch empfiehlst du uns?



Für die Kleinsten empfehle ich mein neuestes Papp-Bilderbuch „Haltet den Ball!“, eine rasante, lautmalerische Verfolgungsjagd für kleine Balljäger, (Peter Hammer Verlag).
Für das Vor- und erste Grundschulalter empfehle ich „Das Märchen von der Prinzessin, die unbedingt in einem Märchen vorkommen wollte“, (Hinstorff Verlag). Ein humorvolles Märchen über eine kleine, lustige und emanzipierte Prinzessin, die alles Mögliche daransetzt, eine berühmte Märchenfigur zu werden.
Und für ein ähnliches Alter oder generell für alle von Martin Baltscheit „Wenn Gott ein Kaninchen wäre …“, (Herder Verlag) ein kluges, hintersinniges und auch lustiges Buch. Konfessionsübergreifend geht es in dieser Geschichte um ein kleines Mädchen, das sich mit dem philosophischen Gedankenspiel beschäftigt: „Was wäre, wenn Gott ein Kaninchen wäre… oder der Wind oder gar ein Kuchen?
4. Wenn du einem Bilderbuch aus deiner Kindheit einen Liebesbrief widmen könntest, welches wäre das?
Die Bücher aus meiner Kindheit waren: Märchenbücher, Pixis, Wilhelm Busch-Geschichten, Petzi-Comics, Struwwelpeter und Struwweliese… Ich besaß nur wenig „klassische“ Bilderbücher.
Eines, das ich besonders von der Bildsprache her eindrücklich fand, war ein von Ali Mitgutsch illustriertes „Rotkäppchen“ in Reimform mit dicken Pappseiten. Wie der Wolf mit weit aufgerissenen Augen hinter einem feuerroten Himmelbettvorhang hervorspringt, das fand ich als Kind sehr gruselig und faszinierend zugleich.
5. Wieso bist du Bilderbuchillustratorin geworden?
Es war zunächst keine bewusste Entscheidung. Während meines Kommunikationsdesign-Studiums an der Hochschule München fing ich bereits an, meine ersten Geschichten zu schreiben und zu illustrieren. Meine Diplomarbeit, ein schwarzhumoriges Bilderbuch für Erwachsene (!), wurde 2002 im Kunstmann Verlag verlegt, mein erstes veröffentlichtes Buch! Eine erste Initialzündung!
Nach meinem Master am „Central Saint Martins College in London“ hatte ich das Glück bei einer Illustratoren-Agentur angenommen zu werden. Ich habe anfänglich auch noch häufiger für Werbung und Magazine illustriert, dann sind nach und nach Buchaufträge hinzugekommen.
Das „Geschichten erzählen“ mit Bildern und mittlerweile auch im Wort ist das, was mich am meisten erfüllt. Ich liebe die Herausforderung, einen Text mit meinen Illustrationen zu interpretieren, damit in einen Austausch zu gehen. Und was gibt es Schöneres als neue fantastische Welten aufzumachen, in die man als Kind (oder Erwachsener) eintauchen kann.
Gerade mit meinen Pappbilderbüchern, die ich auch selbst schreibe, kann ich die Kinder schon früh erreichen, sie früh für Geschichten begeistern und ihnen u. a. auch beim ersten Spracherwerb helfen.

6. Was ist zuerst da, die Idee für eine Geschichte oder die Idee für die Figuren?
Das ist unterschiedlich. Wenn ich Texte von anderen Autor*innen illustriere, gibt es natürlich schon eine Geschichte. Hier ist es meine Aufgabe, den Text mit der Illustration so in Szene zu setzen, dass Text und Bild in einen Dialog treten.
Wenn ich meine eigenen Bilderbücher entwickle, beginne ich in der Regel mit dem Schreiben und mache dann schnelle Skizzen von Hand, um zu sehen, ob die Dinge, die ich mir vorstelle, visuell über 12 Doppelseiten hinweg funktionieren können. Manchmal ist es umgekehrt und mein Ausgangspunkt ist eine Figur, eine Skizze. Normalerweise geht das Schreiben, Skizzieren und Denken Hand in Hand, es ist ein fließender Prozess.
7. Wie sieht dein Arbeitsprozess aus? (Was kommt zuerst, arbeitest du digital oder analog?)
Ich arbeite meist in einer Mischtechnik von analogen Techniken wie z.B. Bleistiftzeichnung oder Monotypie und einer digitalen Weiterbearbeitung. (Die Monotypie ist eine analoge Drucktechnik, zu der ich auch während der Bilderbuchwochen einen Workshop für Kinder anbiete.) Die Zeichnungen oder drucke scanne ich und bearbeite und coloriere sie in Photoshop.

8. Was ist das Kniffligste an deiner Arbeit?
Das Kniffligste an meiner Arbeit ist, überhaupt anzufangen (das berühmte „weiße Blatt Papier“), eine Idee zu haben, gegen Zweifel anzukämpfen, etwas zu finden, von dem ich zu 100% überzeugt bin. Dazu gehört immer wieder Entscheidungen zu fällen, zu entscheiden, jetzt ist etwas gut genug, jetzt ist es „fertig“. Ich bin meine härteste Kritikerin!
9. Und was ist das Schönste?
Am schönsten ist es, wenn ich beim Arbeiten an einen Punkt komme, wenn etwas „aufgeht“, wenn ich das Gefühl habe, jetzt ist es rund. Wenn ich merke, dass ein Bild oder eine Geschichte „funktioniert“, dass Bild und Text Hand in Hand gehen, wenn etwas in meinen Augen gelungen ist.
Und wenn man dann noch viele tolle Rückmeldungen aus der ganzen Welt bekommt, dann ist das natürlich eine wunderbare Bestätigung!
10. Wenn du ein Wunschprojekt verwirklichen könntest – ohne an Kosten, Aufwand, Zielgruppe, Verlagswünsche, etc. denken zu müssen – was wäre das?
Das wäre tatsächlich gar kein Buch, sondern viel größer. Ich unterrichte von Zeit zu Zeit an der Hochschule München (Fakultät Design) als Lehrbeauftragte „Buchillustration“. Es ist eine intensive Arbeit mit den Studierenden, die ich sehr gerne mache. Ich würde wahnsinnig gerne einen Fachbereich „Illustration“ an der Hochschule München aufbauen helfen, aber ich fürchte, das wird wohl Wunschdenken bleiben…

Infos zur Veranstaltung:
Wie kommt der Vulkan aufs Papier?
Monotypie-Werkstatt für Kinder mit Susanne Straßer
Am 17.05.2025 um 11.00 Uhr in der Stadtbibliothek im Motorama
Wow,
Ich lerne Susanne Strasser am kommenden Montag persönlich kennen. Und ich bin SEHR gespannt und freue mich.