Wegträumen und Einigeln

Doris hoch 5: Noch mehr Lieblingsbücher im Juli

Regelmäßig stellt euch unsere Belletristik-Referentin Doris eine Auswahl ihrer Lieblingsbücher vor: bemerkenswerte Romane, jenseits von Bestsellerlisten und Amazon-Fünf-Sterne-Bewertung, die das Lesen lohnen, weil sie neue Perspektiven eröffnen, unerhörte Geschichten erzählen, Ausnahmen auf dem Buchmarkt darstellen. Für mehr Bibliodiversität und Vielfalt im Regal!

C.H. Beck, 202 S.

Laura Lichtblau: Schwarzpulver

Es ist kalt geworden in Berlin, es ist die Zeit der Rauhnächte. Lautstarke Propaganda dominiert längst nicht mehr nur die Straßen der Hauptstadt, sondern die Politik des ganzen Landes. Laura Lichtblau entwirft mit ihrem Debütroman eine urbane Dystopie. In feiner, gleichzeitig wilder Sprache erzählt sie vom unbewussten Verlangen nach Freiheit in einem Staat, dessen Ziel die absolute Unterdrückung ist.
Laura Lichtblau lebt als freie Autorin und Übersetzerin in Berlin. Ihre Lyrik und kürzere Prosa wurden in zahlreichen Magazinen und Anthologien veröffentlicht. „Witz und Leichtigkeit kommen der 1985 in München geborenen Autorin bei all dem harten Stoff übrigens nicht abhanden.“ (Sabine van Endert, Börsenblatt)


S. Fischer, 640 S.,
aus dem Isländischen von Betty Wahl

Sjón: CoDex 1962

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs begegnen sich in einem norddeutschen Gasthof das Zimmermädchen Marie-Sophie und der jüdische Flüchtling Leo Löwe, mit dabei ein Lehmklumpen. Aus diesem erschafft Leo das gemeinsame Kind Josef, da ist die Familie aber schon längst in Island, und wir sind bereits im Jahr 1962, dem Geburtsjahr des Autors Sjón.
Mit 16 Jahren veröffentlichte Sjón seinen ersten Gedichtband. Es folgten Romane, Songtexte und Drehbücher. Sein zuletzt erschienener Roman „Der Junge, den es nicht gab“ wurde mit dem Isländischen Literaturpreis 2013 ausgezeichnet. „Herrlich, dass jemand wie Sjón den Schneid hat, auf durchgeknallte Weise unterhaltsam zu sein.“ (Skånska Dagbladet)


ars vivendi, 350 S.,
aus dem Englischen von Barbara Heller

Ivy Pochoda: Visitation Street

Red Hook, Brooklyn/New York: ein Arbeiterviertel kurz vor der Gentrifizierung. Aus Langeweile beschließen die beiden Teenager June und Val, auf einem Schlauchboot aufs Meer hinauszupaddeln. In der Schwärze der Nacht gehen sie verloren, und nur Val überlebt. In einer überaus atmosphärischen Sprache erzählt Ivy Pochoda von der menschlichen Zerbrechlichkeit und Widerstandskraft, von zerbrochenen Träumen – und einem dunklen Geheimnis, das Visitation Street bis zur letzten Seite zum hoch spannenden Thriller macht.
Ivy Pochoda, geboren 1977, lebt in Los Angeles. „Eine großartige urbane Oper. Drauf-gängerisch und märchenhaft, voller Geheimnis und Poesie und Schmerz.“ (Dennis Lehane)


Die Andere Bibliothek, 433 S.,
aus dem Französischen von Caroline Vollmann

Alphonse Karr: Reise um meinen Garten

In den 59 Briefen seines Romans nimmt uns Alphonse Karr mit auf eine Reise, die nicht weiter führt als in den eigenen Garten. Der Autor (1808–1890) machte sich als brillanter junger Mann rasch einen Namen in der literarischen Welt von Paris. „Mit Wonne zuhause bleiben – dieser Briefroman von 1845 feiert die Wunder und Dramen, die gleich an der Haustür beginnen. Ein halbes Jahrhundert vorher war das Genre der Zimmerreisen erfunden worden, und Alphonse Karr macht jetzt einfach draußen weiter, sehr bewandert in Fragen der Fauna und Flora und gerne auch mit Seitenhieb auf Angeber-Weltreisen und blinde Wissenschaft.“ (Judith Heitkamp, BR, 11.06.2020)


Kiepenheuer & Witsch, 357 S.,
aus dem Englischen von Ingo Herzke

A.M. Homes: Deine Mutter war ein Fisch

Zwölf Geschichten über das heutige Amerika von der preisgekrönten Meisterin der Kurzgeschichte, millimetergenau seziert – jede einzelne überraschend, böse, komisch und garantiert mit Wow-Effekt. Mit ihrem charakteristischen Humor und viel Empathie enthüllt A.M. Homes in ihren Kurzgeschichten das Herz eines unruhigen Amerikas.
Die Autorin, 1961 geboren, hat mehrere Romane und Short Storys veröffentlicht. Sie lebt in New York City. „A.M. Homes erforscht menschliche Beziehungen anhand von Charakteren, die nicht ganz die sind, die sie sich erhofft haben zu sein, obwohl es sonst niemanden gibt, der sie sein könnten.“ (medien-info.com, 13. Mai 2020)


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