Viele Menschen verbinden mit Videospielen immer noch negative Klischees. Und selbst wenn man Menschen fragt, die dem Thema gegenüber aufgeschlossen sind, endet die Aufzählung der Vorteile meist mit der Förderung der Hand-Augen-Koordination. Dabei gibt es inzwischen zahlreiche Studien, die verschiedenste positive Effekte von Videospielen festgestellt haben. Ich möchte noch einen weiteren Aspekt erwähnen, der kaum Beachtung findet: die neuen und vielfältigen Möglichkeiten des Geschichtenerzählens.
Videospiele werden von einigen immer noch mit Zeitverschwendung, Isolation, Weltflucht oder Suchtverhalten assoziiert. Auch das Klischee der „Killerspiele“, die Kinder zu Psychopathen machen, wird immer noch regelmäßig wieder aus der Mottenkiste hervorgeholt. Dabei ist inzwischen der Stand der Forschung relativ klar: Videospiele fördern nicht nur kognitive, kreative und soziale Fähigkeiten, sondern erhöhen auch noch Motivation und IQ.
Verlieren lernen
Den Klassiker der Hand-Augen-Koordination kennen die meisten, und er wird üblicherweise als erster und oft auch einziger Vorteil angeführt. Mir war das immer etwas rätselhaft, was da genau gefördert werden soll, was nicht eh normalerweise vorhanden ist – bis ich einmal Personen gesehen habe, die zum ersten Mal ein 3D-Spiel aus der Ego-Perspektive gespielt haben. Die Verbindung beider Hände zur gleichzeitigen Navigation des Blickfelds und der Bewegungsrichtung in der 3D-Welt stellt diese häufig erst mal vor eine scheinbar unlösbare Aufgabe. Und dennoch gehört dies sicher bei weitem nicht zu den überzeugendsten Fähigkeiten, die Games entwickeln.
So stärken Multiplayerspiele viele soziale Fähigkeiten. Lernen zu gewinnen und zu verlieren und damit in einer sozialen Gruppe angemessen umzugehen, ist sicher einer der Hauptvorteile – grundsätzlich in allen Formen von Spiel und Sport. Aber auch das Erkennen von Rollen und Gruppendynamiken und das Sich-einfügen in diese kann durch Team-Multiplayerspiele erlernt und verbessert werden.
Denken und Handeln
Logisches und kreatives Denken wird bei Puzzle- und Strategiespielen entwickelt.
Spiele mit kulturellen und geschichtlichen Hintergründen können das Interesse an bestimmten Themen wecken und je nach korrekt sachlicher Umsetzung Lerninhalte vermitteln.
Es wurde sogar festgestellt, dass der IQ von Personen die regelmäßig spielen im Durchschnitt höher ist. Darüber hinaus haben regelmäßige Videospieler eine höhere Motivation, Dinge mehrfach zu probieren, und sie lassen sich durch ein Scheitern weniger häufig aufhalten.
Sogar einfache Shooter fördern in großem Maße Entscheidungsfähigkeiten, problemlösungsorientiertes Handeln und schnelle Reaktionsfähigkeit.
Eine weitestgehend unbeachtete Eigenschaft von Games ist aber die Möglichkeit, Geschichten auf ganz neue immersive und interaktive Weise zu erzählen.
Alte Geschichten, neu erzählt
Wir Menschen erzählen uns Geschichten seit vielen Jahrtausenden. Durch Geschichten geben wir Informationen weiter, lernen über unsere Kultur und stärken das soziale Miteinander.
Tatsächlich wäre unsere ganze kulturelle Evolution ohne dies nicht möglich gewesen. Über Geschichten wurden seit jeher Wissen und Erfahrung weitergegeben. Erst mündlich, dann über (Höhlen-)Malereien und viel später schriftlich. Und heutzutage nun auch digital.
Aber was macht das Besondere aus? Wie lernen wir durch Geschichten? Tatsächlich können wir uns über Geschichten empathisch mit einem Thema verbinden. Wir können so – ohne die Erfahrung persönlich zu machen -, nahezu dieselben Lerneffekte erzielen, als hätten wir die Erfahrung selbst gemacht.
Und Gaming biete so viele neue Erzählmöglichkeiten! Geschichten können viel immersiver erfahren werden; Interaktivität erlaubt es einem, sich mit dem Thema viel tiefer auseinander zu setzen und damit tiefgreifendere Erfahrungen zu machen.
Immer mehr Spiele nutzen die technischen Möglichkeiten, um hochkomplexe Welten und mehrfache Handlungstränge zu bieten, so dass wir selbst entscheiden können, wie wir eine Geschichte erleben. Und darüber hinaus bei jedem neuen Spielen die Geschichte anders erleben können.
Natürlich heißt das Ganze nicht: je mehr, desto besser. Durch die enorm vereinnahmende Eigenschaft von Videospielen können besonders Kinder und Jugendliche es schon mal zeitlich übertreiben. Aber in vernünftigem Maße helfen Videospiele, positive Fähigkeiten zu entwickeln und zu verbessern, die auch ins tägliche Leben übertragbar sind. Und vor allem bieten sich Möglichkeiten, Geschichten auf ganz neue Weise zu erfahren und daraus zu lernen.
Vielen Dank für den interessanten Artikel. Mit Gamen kann man durchaus lerne. Das ist auch meine Meinung