„Wire“ von Rhonda (CD)
Eine nicht repräsentative Blitzumfrage hat ergeben, dass viele bei den Stichwörtern „Rhonda“ und „Musik“ an die Beach Boys und deren Song „Help me Rhonda“ denken. Das muss sich dringend ändern, denn hinter Rhonda verbirgt sich viel, viel mehr als Surfmusik.
Vieles ausprobieren
Es war einmal eine norddeutsche Band namens Trashmonkeys. Sie spielte Garage Rock/Punk, produzierte fünf Platten, gab etliche Konzerte, wurde – vor allem in England – hochgelobt und blieb hierzulande sehr unsichtbar (oder kennt jemand von euch die Gruppe?). Ende 2012 war dann Schluss mit den Trashmonkeys. Vier der fünf ehemaligen Bandmitglieder schlossen sich zu einer neuen Formation zusammen, die Frau am Bass wurde zur Sängerin und die Gruppe Rhonda war geboren. Die Band spielt Soul, Funk, Sixties und Pop, ist aber grundsätzlich nicht an einen Stil gebunden und probiert vieles aus. Vielleicht haben Rhonda mit ihrem Sound den Zeitgeist getroffen, vielleicht ist – ganz im Geiste von Aretha Franklin oder Amy Winehouse – eine Sängerin markanter als ein Sänger, auf alle Fälle ist die Gruppe hierzulande von Anfang an erfolgreicher als es die Trashmonkeys je waren.
Was bei jedem Song zunächst einmal auffällt ist die starke Stimme von Milo Milone (auch wenn die Sängerin eigentlich anders heißt, mit so einem Künstlernamen muss man Frontfrau sein). Sie trägt durch jedes Lied und ist für mich das markanteste Zeichen für ein Rhonda-Werk. Auf dem hier vorgestellten zweiten Album „Wire“ ist außerdem das Filmorchester Babelsberg mit von der Partie, und die Mischung aus großem Orchester und Retro ergänzt sich ausgesprochen gut. Teilweise klingt das – mit einer gehörigen Portion Dramatik in Text, Melodie und Video – schon sehr cineastisch-bombastisch: Rhondas Titel sind großes Kino für die Ohren: „If you choose the night oh, I’ll come with you“ – doch hört und seht selbst:
Der typische Rhonda-Sound
Ich finde dieses Lied unglaublich eingängig und das Video dazu gelungen – allerdings muss ich gleich auch einlenken: Es steht nicht stellvertretend für einen typischen Rhondasong, denn ihr Stil ist deutlich vielfältiger; neben dem düster-bombastischen gibt es jede Menge heiter-soulige Lieder, die einen in die groovigen Sixties versetzen und unglaublich mitreißend sind. Die Liebe zum Retrosound hört man immer wieder deutlich, man sieht sie aber auch jedem offiziellen Video der Band an: Die Clips sind eine Zeitreise in die 60er Jahre und zelebrieren für Ohren und Augen die Musik. Der folgende Song ist aus dem 1. Album „Raw love“, das bereits 2014 erschienen und bald auch in unserem Bestand zu finden ist. Über „Camera“ bin ich auf Rhonda aufmerksam geworden, und dieses Lied spiegelt eher den typischen Rhondasound wider.
Mein einziger Wermutstropfen ist, dass die fünf Musiker aus Hamburg kommen und damit deutlich häufiger im Norden durch die Clubs und Festivals ziehen als hier im Süden. Aber die Band gibt es hoffentlich noch lange, damit sie uns auch künftig mit einfach guter Musik unterhalten kann. Und ihr verbindet mit Rhonda hoffentlich künftig nicht (nur) die Beach Boys, sondern denkt in erster Linie an großartigen Soulpop made in Hamburg.