Vier Fragen an: Ilmar Taska

Lesungen, Konzerte, Ausstellungen und vieles mehr: Unser Veranstaltungsprogramm ist umfangreich und vielfältig, gleichsam täglich könnt ihr neue Menschen und Ideen entdecken. Damit ihr unsere Gäste ein bisschen besser kennenlernen könnt, stellen wir sie hier im Blog mit unserem Fragebogen vor.
Heute: Der estnische Filmemacher und Autor Ilmar Taska stellt am 10. Juni, um 19.00 Uhr in der Reihe „Literatur International“ in einer Online-Lesung auf dem Youtube-Kanal der Münchner Stadtbibliothek seinen preisgekrönten und in 15 Sprachen übersetzten fulminanten Roman „Pobeda 1946“ vor. Das Gespräch mit Ilmar Taska moderiert Dr. Kristel Kaljund.

1. Stellen Sie sich bitte kurz vor.

Bereits als Kind ging ich in die Kinderredaktion des Estnischen Radiosenders und bat darum, meine Gedichte vorlesen zu dürfen. Bald arbeitete ich als Reporter des Jungs-Clubs, als Schauspieler im Radiotheater, machte Voice-Overs für Zeichentrickfilme, nahm Skulptur-Unterricht und beteiligte mich am Schlittschuh-Training. Ich wurde beim Literaturwettbewerb einer Zeitung ausgezeichnet, absolvierte mein Filmstudium… Ich habe vieles ausprobiert, als Filmproduzent gearbeitet, als Theaterregisseur, als Fernsehproduzent, z.B. machte ich mit bei der Produktion der Oscar-Verleihung in L.A. Ich habe einen Fernsehkanal in Estland gegründet. Das Leben ist eine Möglichkeit zu lernen, sich in verschiedenen Bereichen zu verwirklichen. Ich freue mich, dass meine Kurzgeschichten ausgezeichnet worden sind und der Roman „Pobeda 1946“ vom Times Literary Supplement zu den Büchern des Jahres gewählt wurde. „Pobeda 1946“ ist schon in 15 Sprachen übersetzt worden. Im Herbst wird mein neuer Roman erscheinen, den ich während des Lockdowns geschrieben habe. Eigentlich war ich die letzten drei Jahre auch im Lockdown meiner Zwillinge Leo Peteri und Lea Petra. Wie wir wissen, sind kleine Kinder große Diktatoren.

Ilmar Taska (Foto: Verlag Varrak)

2. Können Sie uns ein Buch empfehlen?

Ich empfehle gute Literaturklassiker zu lesen, die die Zeitprobe bestanden haben und die man auf den Regalen der Bibliothek finden kann.

3. Was verbinden Sie mit Bibliotheken?

Bibliotheken sind eine Festung der Kultur, die hilft, die Kontinuität unserer verbalen Kultur zu bewahren. In einer Welt, die immer technischer und utilitärer wird, braucht auch die Kultur ein Zuhause. Man wird weiterhin Bücher lesen – Papierbücher können Luxusgüter werden, sie verschwinden jedoch nicht. Ich stelle fest, dass in der Welt das Interesse für Hörbücher wächst. Vielleicht leben die Geschichten in Soundform weiter, werden wieder mündlich, wie früher. Bibliotheken werden auch zu Informations- und Kulturzentren. Die Bedeutung von Infoservice steigt. Ich hoffe, dass die Bibliothek lebt, sich ändert und entwickelt, Schritt hält mit dem Tempo der gesellschaftlichen Entwicklung, damit die Kultur nicht verschwindet.

4. Und wie geht es mit der Welt weiter?

Im letzten Jahr war es, als ob statt der Sonne die Schattenseite des Mondes die Erde beleuchtet hätte. Der Siegeszug der Technologiegiganten und die Entwicklung der künstlichen Intelligenz bedeutet Schwierigkeiten für Kleinunternehmen, Verschwinden von vielen Arbeitsplätzen. Konzentration der Macht und Information in weniger Hände bringt eine Überwachungsgesellschaft mit sich. Je heller das Licht, desto dunkler der Schatten. Entwicklung der Wissenschaft und Technologie sollte den Ausbau biologischer Waffen zum Beispiel nicht einschließen. Als ich für „Pobeda 1946“ recherchierte, stellte ich fest, dass es schon nach dem Zweiten Weltkrieg Labore gab, wo man Viren und Gifte entwickelte, und über die Jahre sind es immer mehr geworden. Ich hoffe, dass unsere Aufmerksamkeit nicht nur dem Leben auf dem Mars und der Eroberung des Weltalls gehört, sondern auch dem Bestreben, dass wir unseren Planeten wieder menschenfreundlicher und bewohnbarer machen. Eigentlich gibt es hier genügend Platz und Essen für alle, wenn wir unseren Planeten gut bewirtschaften.

Übersetzt von Dr. Kristel Kaljund

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