Lesungen, Konzerte, Ausstellungen und vieles mehr: In unserem Veranstaltungsprogramm gibt es täglich neue Menschen und Ideen zu entdecken. Damit ihr unsere Gäste besser kennenlernen könnt, stellen wir sie im Kurzinterview vor.
Heute: Vier Fragen an die Journalistin und Autorin Christine Knödler und den Lektor Frank Griesheimer. Anlässlich des zehnjährigen Bestehens unserer Veranstaltungsreihe „Kontrovers“ sprechen die beiden am 6. Juni 2024 mit Autor*innen, Verleger*innen und Literaturvermittler*innen über Ziele, Utopien und die Macht des Wortes, übers Schreiben, Lesen und die Veränderbarkeit der Welt.
1. Stellt euch bitte kurz vor
Christine Knödler: Mein Name ist Christine Knödler, ich bin Journalistin, Autorin, Herausgeberin und Moderatorin. Meine große Leidenschaft und Expertise ist die Kinder- und Jugendliteratur. Ich bin außerdem Mutter von zwei wunderbaren erwachsenen Kindern. Ihnen gilt meine Liebe – und dem Lesen und Schreiben.
Frank Griesheimer: Mit meinem Beruf als freier Lektor für Kinder- und Jugendbücher hat sich ein Traum erfüllt: Ich darf jeden Tag Bücher lesen und mit deren Autor*innen telefonieren oder im Café sitzen, um über ihre Manuskripte zu reden. Und ich gebe Workshops für Leute, die gerne Bücher schreiben möchten. Halte ich Menschen, die schreiben, etwa für die interessanteren Menschen? Ja, unbedingt! – sage ich als jemand, der nicht schreibt.
2. Könnt ihr uns ein Buch empfehlen?
Frank Griesheimer: Ich habe mindestens hundert Lieblingsbücher, da fällt es nicht leicht, eines auszuwählen. Also, ich empfehle „Nathan und seine Kinder“ von Mirjam Pressler. Es ist eine wunderbar moderne Adaption von Lessings Stück. Die Autorin zeigt damit, wie lebendig Klassiker sind. Und es gibt ja wohl gerade keine aktuellere Botschaft als Lessings Ringparabel. Und das alles in wunderschöner Sprache wie bei Christa Wolfs „Kassandra“ (ein weiteres Lieblingsbuch).
Christine Knödler: Da hab ich lange hin und her überlegt, denn ich könnte viele Bücher empfehlen: neue, alte, dicke, dünne, ernsthafte, lustige, unterhaltsame, wegweisende. Nun hab ich mich für das zweite Buch entschieden, das ich zusammen mit meinem Sohn, dem Journalisten Benjamin Knödler, geschrieben habe: „Whistleblower Rebels – 20 Menschen die für die Wahrheit kämpfen“ ist gerade im Hanser Verlag erschienen.
Ich kann es allen nur ans Herz legen. Denn es ist so etwas wie ein Buch der Stunde: Es ermutigt uns, nicht wegzuschauen, unser Leben und die Gesellschaft zu gestalten, unserem Gewissen zu folgen. Zu alle dem spornen die Porträts der Whistleblower an. In so genannten Spots beleuchten wir große Fragen um das Thema herum, zum Beispiel: Welche Rolle spielen Verschwörungsmythen? Was ist ein Geheimnis? Wir arbeiten investigative Journalist:innen? Was brauchen Whistleblower:innen? Es ist ein politisches Buch. Es hat sehr viel mit Freiheit und Demokratie zu tun. Das ist überaus spannend und lädt Nach- und Weiterdenken ein.
3. Was verbindet ihr mit Bibliotheken?
Christine Knödler: Bibliotheken sind Orte der Begegnung – mit Büchern und mit Menschen. Bibliotheken sind selbst und eröffnen Denk-Räume. Es sind Orte der Fantasie und der Kreativität. Alle, die wollen, können dorthin und lesen oder einfach Zeit verbringen. Das finde ich großartig. Bibliotheken sind außerdem durch und durch demokratisch. Sie machen Bildung im wahrsten Sinne des Wortes zugänglich. Sie sind Forum für Debatten. Sie schließen niemanden aus. Was Toleranz, Barrierefreiheit, Offenheit meinen, machen sie Tag für Tag vor. Darin sind sie visionär – und sowieso schon jetzt unersetzlich.
Frank Griesheimer: Da ich eher bildungsfern aufgewachsen bin, haben mich Buchhandlungen, Büchereien, Bibliotheken immer sehr fasziniert. Sie sind die friedlichsten Orte, die es auf Erden gibt. Orte, wo wir Menschen einander zeigen, zu was wir (neben all dem Unheil, das wir bringen) auch noch fähig sind.
4. Und wie geht es mit der Welt weiter?
Frank Griesheimer: In ihrem neuesten Buch (das ich lektorieren durfte) lässt die Jugendbuchautorin Antje Babendererde das Mädchen Leonie sagen: „Wird unsere Erde in 5000 Jahren noch existieren? Ganz bestimmt, doch sehr wahrscheinlich ohne uns Menschen. Ohne uns wird sich die Erde regenerieren und vielleicht sind dann Delfine, Raben, Gorillas und Oktopusse die intelligentesten Wesen auf diesem Planeten. Dieser Gedanke hat etwas so Tröstliches, dass ich die untergehende Sonne anlächeln muss.“
Christine Knödler: Das weiß ich nicht. Aber ich glaube an die Wirkkraft der Worte, der Literatur, der Bücher und Bilder, der Gedichte und Geschichten, des Wissens und der Vernunft. Literatur formuliert Utopien und macht sie in der Fiktion real. Sie zeigt Möglichkeiten und weist nicht nur Grenzen auf. Im Gegenteil. Literatur überwindet Grenzen. Das brauchen nicht nur wir Menschen. Das braucht die Welt.
Infos zur Veranstaltung:
Bücher, die bewegen. 10 Jahre Kontrovers.
Am 06.06.2024 um 19.00 Uhr in der Stadtbibliothek im Motorama.