„Eine brillante Autorin, eine leidenschaftliche Freundin, eine sagenhafte Frau“: Wer von Barack Obama so beschrieben wird, sollte es wert sein, gelesen zu werden. Und tatsächlich ist diese afroamerikanische Autorin mit ihren autobiographischen Kindheits- und Jugenderinnerungen eine Entdeckung.
In 36 exemplarischen Kapiteln, die wie ein Episodenroman aneinandergereiht sind, wird das Leben eines aufbegehrenden Mädchens erzählt, das sich auflehnt gegen den alltäglichen und strukturellen Rassismus mit allen einhergehenden Diskriminierungen in den USA ab den 1930er Jahren bis zum Zweiten Weltkrieg. Wie das im Einzelnen geschieht, berührt bei der Lektüre, und man sollte sich vom scheinbar schlichten kindlichen bzw. später jugendlichen Blickwinkel nicht täuschen lassen.
Wurde der Stil zunächst als zu sinnlich und anschaulich gebrandmarkt und somit als Schullektüre ausgeschlossen, so überzeugen gerade diese Beschreibungen: Wie es im Krämerladen der strenggläubig methodistischen Großmutter duftet; der Zerfall und Schmutz, in dem die schwarzen Bürgerinnen und Bürger im Arkansas der 1930er Jahre leben; ihre heruntergekommenen Schulen im Vergleich zu den Einrichtungen der Weißen; was es bedeutet, bei unerträglichen Zahnschmerzen von einem weißen Dentisten nicht behandelt zu werden, und der nächste schwarze Zahnarzt ist eine Busreise weit entfernt! Man muss eintauchen in dieses „Erinnerungsbuch“ und diee alle Sinne berührende Sprache auf sich wirken lassen.
Bereits 1969 in den USA veröffentlicht unter dem Titel „I Know Why the Caged Bird Sings“, feierte Maya Angelou später einen großen Erfolg mit ihrem autobiographischen Buch, das sie noch fortsetzte. Besonders erfolgreich blieben jedoch ihre Kindheits- und Jugenderinnerungen, die auch verfilmt wurden.
Leider gibt es zu dieser Neuauflage bei Suhrkamp kein Nachwort des Übersetzers Harry Oberländer – daher einige Stationen aus dem bewegten Leben der Autorin, die teils auch im Buch Erwähnung finden: Maya Angelou, 1928 geboren, arbeitete Tänzerin, Sängerin und Prostituierte, wurde mit 16 schwanger und zog ihren Sohn alleine auf. Sie schaffte es zur ersten schwarzen Straßenbahnschaffnerin in San Francisco, arbeitete als Schauspielerin sowie Film- und Theaterregisseurin, Journalistin und Autorin auch von bemerkenswerter Lyrik. Daneben engagierte sie sich in der Bürgerrechtsbewegung und war eine enge Vertraute von Martin Luther King und Malcolm X. Bei Bill Clintons Amtseinführung trug sie am 20.Januar 1993 ein selbst verfasstes Gedicht vor.
Schade, dass bislang nur wenig aus ihrem Werk ins Deutsche übersetzt wurde – das sollte sich ändern!
Maya Angelou: Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt. Suhrkamp Verlag, 321 Seiten, aus dem Englischen von Harry Oberländer
Oh das habe ich in meiner Jugend auf Englisch gelesen (wie bin ich damals nur an das Buch gekommen) – fast 50 Jahre her … wie schön, daß es wieder auftaucht
Schade, nichts von ihr in der Onleihe 🙁
Ja, sehr schade! Das liegt vermutlich daran, dass das Buch noch so neu ist. Die Onleihe bekommt Bücher ja immer erst später – hier gibt’s mehr über das sog. Windowing: https://onleiheverbundhessen.wordpress.com/tag/windowing/