Über Kontinente
Doris hoch Drei: Drei besondere Bücher im März

Jeden Monat stellt euch unsere Belletristik-Referentin Doris euch drei Bücher vor: bemerkenswerte Romane, jenseits von Bestsellerlisten und Amazon-Fünf-Sterne-Bewertung, die das Lesen lohnen, weil sie neue Perspektiven eröffnen, unerhörte Geschichten erzählen, Ausnahmen auf dem Buchmarkt darstellen, von engagierten Verlagen übersetzt und publiziert wurden. Für mehr Bibliodiversität und Vielfalt im Regal! (Ein Klick aufs jeweilige Cover führt euch in unseren Onlinekatalog zum Ausleihen oder Vormerken.)

A. G. Lombardo: Graffiti Palast

Der von Antje Kunstmann geführte unabhängige Publikumsverlag mit Sitz in München ging 1990 aus dem Frauenbuchverlag/Weismann-Verlag hervor. Jährlich erscheinen etwa 45 Titel deutscher und internationaler Autoren in den Bereichen Belletristik und Sachbuch, aber auch besonders schön illustrierte Bücher, ausgesuchte Kinderbücher und Hörbücher. Der Verlag wurde 1992 mit dem Schwabinger Kunstpreis und 2011 mit dem Virenschleuder-Preis ausgezeichnet.

In „Graffiti Palast“, dem Debütroman von A. G. Lombardo, führt Americo Monk, Semiotiker und Stadtforscher mit einer Leidenschaft für Graffitis, als Chronist durch das vom Watts-Aufruhr erschütterte Los Angeles. „Lombardo setzt die große Revolte 1965 in Watts, einem vor allem von Afroamerikanern und mittelamerikanischen Migranten bewohnten Stadtteil von Los Angeles, als literarisch anspruchsvolle Erzählung in Szene, in dem er die Odyssee neu erzählt.“ (Florian Schmid, Neues Deutschland)

352 Seiten, Verlag Antje Kunstmann, übersetzt von Jan Schönherr


Boris Poplawski: Apoll Besobrasow

Ein Ein-Mann-Unternehmen ist der 2014 von Sebastian Guggolz gegründete Guggolz Verlag, der sich der Neu- und Wiederentdeckung vergessener Klassiker aus Ost- und Nordeuropa widmet. Veröffentlicht werden etwa vier Bücher im Jahr, in enger Zusammenarbeit mit den Übersetzern, mit Anmerkungen und Nachworten ausgestattet, um den Lesern und Leserinnen leichteren Zugang zu ermöglichen. 2016 wurden Sebastian Guggolz und der Verlag mit der Übersetzerbarke ausgezeichnet, 2017 erhielt der Verlag den Förderpreis der Kurt Wolff Stiftung.

Neu zu entdecken ist dieses Frühjahr der Roman „Apoll Besobrasow“ des bereits mit 32 Jahren gestorbenen Autors Boris Poplawski (1903–1935). In Moskau in eine polnisch-litauische Adelsfamilie geboren, emigrierte Poplawski während des Bürgerkrieges und gelangte schließlich 1921 nach Paris, wo er jedoch nie Fuß fassen konnte. Die Verlorenheit und tiefe Traurigkeit des Exils ist auch das Thema seines Romans – in grellen Formulierungen und kraftvollen Bildern erzählt er von entwurzelten jungen Menschen – meist russische Emigrant_innen – die sich durch Paris treiben lassen und ihre Zukunftslosigkeit zu Freiheit umdeuten.

299 Seiten, Guggolz Verlag, 2019, aus dem Russischen und mit einem Nachwort von Olga Radetzkaja


Imagine Africa 2060 – Geschichten zur Zukunft eines Kontinents

Seit mehr als 50 Jahren steht der Peter Hammer Verlag vor allem für Literatur aus Afrika und Lateinamerika und für besonders schöne Bilder- und Kinderbücher. Einen Peter Hammer hat es allerdings nie gegeben: Der Name ist die deutsche Übersetzung von „Pierre Marteau“, einem Pseudonym, das im 17. Jahrhundert von Autoren kritischer oder anrüchiger Schriften zum Schutz vor Sanktionierung durch die Obrigkeit benutzt wurde. 2009 wurde der Verlag mit dem Kurt Wolff Preis ausgezeichnet.

Zu den rund 25 jährlichen Neuerscheinungen gehört 2019 die Anthologie „Imagine Africa 2060 – Geschichten zur Zukunft eines Kontinents“: Zehn afrikanische Autorinnen und Autoren bieten Zukunftsvisionen aus zehn Ländern, die eindrucksvoll den Reichtum der afrikanischen Literaturszene vermitteln. „Die fiktionalen Spielräume von literarischen Utopien eröffnen Gedankenwelten und Weltenwunder. Die ausgewählten AutorInnen garantieren sprachliche Virtuosität, stilistische Überraschungen und phantastische Wendungen.“ (Lisa Ndokwu/Afrikanet.info)

192 Seiten, Peter Hammer Verlag, 2019, übersetzt von Jutta Himmelreich, Gudrun Honke und Michael Kegler


Alle Doris hoch Drei-Ausgaben

Featured Image: Maria Teneva on Unsplash

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