Doris hoch 5: Lieblingsbücher im Oktober
Regelmäßig stellt euch unsere Belletristik-Referentin Doris eine Auswahl ihrer Lieblingsbücher vor: bemerkenswerte Romane, jenseits von Bestsellerlisten und Amazon-Fünf-Sterne-Bewertung, die das Lesen lohnen, weil sie neue Perspektiven eröffnen, unerhörte Geschichten erzählen, Ausnahmen auf dem Buchmarkt darstellen. Für mehr Bibliodiversität und Vielfalt im Regal!
Aravind Adiga: Amnestie
Dhananjaya Rajaratnam, ursprünglich aus Sri Lanka, ist der Status als Flüchtling in Australien verwehrt worden. Nun wohnt er als Illegaler im Lagerraum eines Supermarkts in Sydney und schlägt sich seit drei Jahren als Putzkraft durch. Dann erfährt er, dass eine seiner Kundinnen ermordet wurde. Eine Erzählung von besonderer heutiger Dringlichkeit über ein moralisches Dilemma und Machtverhältnisse, Liebe und Gewalt. Aravind Adiga, geboren 1974 in Madras, studierte Englische Literatur an der Columbia University und am Magdalen College in Oxford. Er lebt in Mumbai, Indien. „Amnestie ist Adigas bislang gelungenster Roman, grandios gebaut, voll Herz und Verstand.“ (Hamilton Cain, Star Tribune)
Kevin Barry: Beatlebone
1978: John Lennon flieht aus New York auf sein Inselchen vor der irischen Westküste. Als er sich in die Hände eines mit viel irischem Charme ausgestatteten Chauffeurs begibt, beginnt eine hindernisreiche Magical Mystery Tour. Die faszinierende Erzählung aus dem Kopf eines der größten Popgiganten des 20. Jahrhunderts wird unversehens zu einer Meditation über den kreativen Prozess im allgemeinen, über die verblüffende Verbindung von Autor und Figur. Ihr Schöpfer, Kevin Barry, gilt vor allem wegen seiner überbordend lyrischen Sprache als der musikalische Dichterfürst Irlands und als eines seiner größten literarischen Talente. Ausgezeichnet mit The Goldsmiths Prize 2015 und nominiert für den Irish Book Award 2015.
Liat Elkayam: Aber die Nacht ist noch jung
Flitterwochen, die Geburt des ersten Kindes, eine wilde Nacht in einem Club – drei Stationen im Leben einer Frau verwebt Liat Elkayam zu einem dichten Roman, der von der Sehnsucht nach Jugend erzählt, vom Glanz und vom Elend, heute in einem weiblichen Körper zu stecken. Liat Elkayam, Jahrgang 1975, war Redakteurin der Literaturbeilage von Haaretz, für die sie heute eine Kolumne schreibt. 2015 erhielt sie das Berlin-Stipendium der Akademie der Schönen Künste. Sie lebt mit ihren zwei Töchtern in Tel Aviv und lehrt Journalismus und Kreatives Schreiben am Sapir College. Ihr Roman „Aber die Nacht ist noch jung“ wurde 2019 mit dem Preis des israelischen Kultusministeriums für das beste Debüt ausgezeichnet.
Jan Koneffke: Die Tsantsa-Memoiren
Um das Jahr 1780 gelangt ein Schrumpfkopf in den Besitz von Don Francisco, Beamter der spanischen Krone in Caracas. Als Wandschmuck in dessen Schreibstube hängend beobachtet er das Geschehen um sich herum und beginnt, ein Bewusstsein zu entwickeln. Jan Koneffke, geboren 1960, schreibt Romane, Lyrik, Kinderbücher, Essays und übersetzt aus dem Italienischen und Rumänischen. „Koneffke erzählt mit einer schier unerschöpflichen Erfindungsgabe und einer opulenten Ausmalung bizarrer Details, man gerät streckenweise immer wieder in den Sog der Sprachbegeisterung und der streckenweise ins Hochkomische tendierenden Schrumpfkopfbesessenheit des Autors.“ (Michael Braun, DLF Kultur Lesart)
Yoko Ogawa: Insel der verlorenen Erinnerung
Auf einer Insel, nicht weit vom Festland entfernt, verschwinden Dinge, und zwar für immer. Und die Erinnerungspolizei trägt dafür Sorge, dass alle verschwundenen Dinge auch verschwunden bleiben, nicht nur im alltäglichen Leben, sondern auch in den Köpfen der Menschen. Yoko Ogawa gilt als eine der wichtigsten japanischen Autorinnen ihrer Generation, die für ihr umfangreiches Werk mit vielen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde. Mit der englischsprachigen Ausgabe von „Insel der verlorenen Erinnerung“ wurde sie für den National Book Award und den International Booker Prize nominiert. „Diese Fabel ist ein Meisterwerk, das uns die Welt mit anderen Augen sehen lässt.“ (The Guardian)