Nachrichten im Gespräch
Über die SZ-Werkstattgespräche in der Münchner Stadtbibliothek

Eine unserer wichtigsten Aufgaben als öffentliche Bibliothek ist die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz, und wir erfüllen diese mit viel Engagement und Verantwortungsbewusstsein. Das ist zum einen eine spannende Aufgabe: Die Vielfalt an Informationskanälen und an medialen Formaten wächst und bietet viele neue Möglichkeiten, die sich Leserinnen und Leser erschließen können und auch sollten. Zum anderen ist es auch eine unglaublich herausfordernde Aufgabe: Das Informationsverhalten der Leserinnen und Leser verändert sich rasant, und traditionelle Medien geraten vermehrt ins Kreuzfeuer diverser Anschuldigungen in Bezug auf Fake News, Propaganda oder gar Lügen. Der Fall Relotius brachte kürzlich neue Brisanz in das Thema.

Zeitungen und Zeitschriften gehören in allen Filialen der Münchner Stadtbibliothek zum festen Bestand.

Wie begründet ist diese Verunsicherung überhaupt und wie können wir die Nutzerinnen und Nutzer von verschiedenen Medienformaten unterstützen, damit sie Informationen richtig einordnen können? In Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung haben wir uns diesen Fragen zugewendet. Das Ergebnis: Seit einem knappen Jahr bieten wir unterschiedliche Veranstaltungen an, um die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten auf den Prüfstand zu stellen.

Begonnen hat alles mit einer Einladung an Lehrerinnen und Lehrer sowie deren Schulklassen. In unseren Stadtteilbibliotheken haben Schulklassen Workshops besucht, die von Journalistinnen und Journalisten der Süddeutschen Zeitung betreut wurden. Die Schulklassen haben sich im Vorfeld Themen und Fragestellungen überlegt und diese mit den Zeitungsvertreterinnen und -vertretern diskutiert. Sie haben sich mit dem Handwerk der journalistischen Arbeit beschäftigt – woher kommt die Idee für einen Artikel, woher kommen die Informationen, was sind Quellen, wie lange dauert die Arbeit an einem Artikel? -, mit dem Thema Fake News – wie erkenne ich Fake News, mit welchen Instrumenten kann ich Nachrichten überprüfen, wie kann ich auf Fake News selbst reagieren? – oder sie haben sich selbst ein aktuelles Thema vorgenommen, um zu untersuchen, wie es in den Medien behandelt wurde.

Starke Mädchen, starke Frauen

Die SZ-Journalistin Christiane Lutz erklärt sich und ihre Arbeit im Schulklassen-Workshop in der Stadtbibliothek Neuhausen.

Im Rahmen des Projekttages „Starke Mädchen, starke Frauen“ hatte sich ein Mädchengymnasium gewünscht, den SZ-Workshop unter die Überschrift „#metoo“ zu stellen. Die Süddeutsche Zeitung hat sich darauf eingelassen und auch den Wunsch der Klasse nach einer Journalistin erfüllt. Nach anfänglichen allgemeinen Fragen zu Frauen in der Redaktion, hat sich die Journalistin (die viel für das Feuilleton schreibt und damit Erfahrungen mit dem – gerade in Schauspielkreisen – sehr aktuellem Thema #metoo hat), intensiv auf die Fragen der Schülerinnen eingelassen. Es entstanden spannende Diskussionen um die „Schuldfrage“ (beispielsweise durch Kleidungsstile von Mädchen) und generell richtiges oder falsches Verhalten mit Jungs/Männern. Durch die Offenheit auf beiden Seiten konnte eine Gesprächsrunde entstehen, die gerade durch die Intensität und Aktualität (auch im Leben junger Schülerinnen) sicher noch lange nachhallen wird und für sehr zufriedene Teilnehmerinnen gesorgt hat. Tiefe Einblicke in den Journalismus verknüpft mit aktuellen Themen, die Schülerinnen und Schüler Tag für Tag begleiten, ist ein großer Gewinn für Schulklassen und Bibliotheken.

Für alle

Nach vielen positiven Rückmeldungen aller Beteiligten wurde uns sehr schnell klar: Diese Art der Veranstaltung ist auch für ein größeres Publikum interessant und wichtig! Im Herbst 2018 haben wir zwei öffentliche Abendtermine für einen Austausch mit Journalistinnen und Journalisten der Süddeutschen Zeitung angeboten. Am Beispiel des Investigativressorts sowie der Bayernredaktion haben die Journalistinnen und Journalisten einen spannenden Blick hinter die Kulissen ihrer Arbeit gewährt. Und natürlich auch die kritischen Fragen beantwortet.

So zum Beispiel, wie sie eine überzogene Darstellung des Kandidaten für den Posten des Ministerpräsidenten Markus Söder verantworten könnten, der mit allen Wesenszügen des Urbayers lächerlich gemacht würde. Boshaftigkeit? Keineswegs. Im Wahlkampf begleiten die Journalistinnen und Journalisten die Politikerinnen und Politiker sehr intensiv und erhalten dabei durchaus tiefere Einblicke in die Persönlichkeit ihrer Subjekte. Im Falle von Markus Söder sei das typisch Bayrische sein Markenzeichen, das er selbst gekonnt in Szene setze und spielerisch für sich nutze. Gute journalistische Arbeit steigt in dieses Spiel mit ein.

Neugierig geworden, was da noch kommt? Im März widmen wir das SZ-Werkstattgespräch „Reden mit Rechts“ dem Umgang mit rechtspopulistischen Vorwürfen gegen die Presse und im April steht die Europakorrespondenz im Fokus.

Von Mareike Post und Birgit Donhauser

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