Ihr kennt bestimmt auch diese Enttäuschung, wenn nach 200 oder 300 Seiten schon wieder Schluss ist? Damit seid ihr nicht alleine! Auch viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lieben dicke Bücher. Und noch lieber empfehlen sie sie weiter. Deshalb hier 16 Tipps für dicke Bücher – das dünnste davon hat 448 Seiten, das dickste 2.288 …
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Hanya Yanagihara: Ein wenig Leben
Yanagiharas Roman wurde in diesem Blog vor einem Jahr schon einmal kurz besprochen, trotzdem möchte ich euch dieses Buch nochmals ans Herz legen. Auch ich wollte dieses Buch zuerst nicht lesen (ich bin da ein wenig arrogant mit meiner Meinung, dass sehr dicke Bücher oftmals ein schlechtes Lektorat haben). Dieses hier nicht: Es ist herzergreifend und intensiv in der Beschreibung einer Freundschaft zwischen vier Männern, die sich schon aus Collegezeiten kennen, witzig und grotesk in der Darstellung der Kunstszene New Yorks. Lange schon hat mich ein Roman nicht mehr so mitgerissen und begeistert wie dieses Buch! Waltraud/Stadtbibliothek Am Gasteig
Hanser Berlin, 960 Seiten, aus dem Englischen von Stephan Kleiner
Hideo Yokoyama: 64
Ein Polizeiroman aus Japan – ein 14 Jahre alter Entführungsfall wird wieder aufgerollt: Was hat dieser nicht gelöste Fall mit den Eltern des entführten Kindes gemacht? Und was mit den Ermittlern? Mikami, Pressedirektor der örtlichen Polizei, gerät zwischen die Fronten: zwischen Journalisten und Polizeiverwaltung, zwischen Polizeiverwaltung und aktiven Polizisten, zwischen den nationalen und regionalen Polizeiapparat. Der erfolgreiche Kendo-Kämpfer wendet seine Kampfkünste im Alltag an: genaue Beobachtung des Gegners, schnelle und überlegte Reaktionen darauf. 750 Seiten Japan Noir! Waltraud/Stadtbibliothek Am Gasteig
Atrium Verlag, 768 Seiten, aus dem Englischen von Sabine Roth und Nikolaus Stingl
Nino Haratischwili: Das achte Leben (Für Brilka)
Georgien, 1900: Mit der Geburt Stasias, Tochter eines angesehenen Fabrikanten, beginnt dieses Epos über sechs Generationen.
Deutschland, 2006: Nach dem Fall der Mauer und der Auflösung der UdSSR herrscht in Georgien Bürgerkrieg. Niza, Stasias hochintelligente Urenkelin, hat mit ihrer Familie gebrochen und ist nach Berlin ausgewandert. Als ihre Nichte Brilka nach einer Reise in den Westen nicht mehr nach Tbilissi zurückkehren möchte, spürt Niza sie auf. Ihr erzählt sie diese Geschichte.
Die Autorin verknüft hier nicht nur die Geschichte des kleinen Landes Georgien und der Sowjetunion im 20. Jahrhundert, sondern vor allem persönliches Leid, Intrigen, Hoffnungen und Liebe. Bei dieser Fülle an Geschichten hat sie es unglaublich gut geschafft, dass die Figuren lebendig und die Handlung bis zum Schluss spannend bleibt.
Das Buch ist bereits 2014 erschienen und ein ganz schöner „Schinken“. Für mich auch erst einmal abschreckend. Ich habe es dann in drei Wochen durch gelesen und inzwischen gehört es für mich zu den Büchern, wenn ich es irgendwo liegen sehe, ich mich freue und denke: Ja, das war richtig gut! Martina/ Stadtbibliothek Westend
Das beste dicke Buch der letzten Jahre – wunderbar, spannend, bezaubernd, hinreißend, magisch, brutal und so vieles mehr. Ich freue mich für jeden, der das Buch noch vor sich hat!!! Nadine/Stadtbibliothek Sendling
Frankfurter Verlagsanstalt, 1280 Seiten
Stephen King und Owen King: Sleeping Beauties
Diesen Roman hat Stephen King zusammen mit seinem Sohn Owen geschrieben, und ich fand diese Vorstellung so faszinierend, dass ich ihn unbedingt lesen musste (960 Seiten!). Es ist nicht mehr feststellbar, wer was geschrieben hat, der Roman wirkt wie aus einem Guss – und er ist ungemein spannend. Immer wieder sind Cliff-Hanger eingebaut, und die Geschichte geht woanders weiter. Man kann den Roman als Horrorroman lesen, aber auch als Gesellschaftskritik, denn es geht um das Verhältnis zwischen Männern und Frauen.
Die Aurora-Seuche führt dazu, dass sich um alle Frauen, die einschlafen, ein spinnwebartiger Kokon bildet. Sie sind nicht tot, wie Ärzte feststellen, werden aber, wenn man ihre Hülle zerstört, zu rasenden Bestien. Alle Frauen versuchen nun, sich wachzuhalten, und einigen gelingt das auch für etliche Tage.
Dann erfährt man, dass es den Frauen, die unter einem Kokon stecken, eigentlich gut geht: Sie leben nämlich in einer männerlosen Parallelwelt. Dort ist es friedlich, denn ohne Männer gibt es viele Probleme erst gar nicht. Aber: einige Frauen wollen in die normale Welt zurück… (In der Münchner Stadtbibliothek gibt es auch das Hörbuch!) Annette / Stadtbibliothek Maxvorstadt
Heyne Verlag, 960 Seiten, aus dem Amerikanischen von Bernhard Kleinschmidt
Leo Tolstoi: Krieg und Frieden
I took a speed-reading course and read War and Peace in twenty minutes. It involves Russia. Woody Allen
Ich habe ein wenig länger gebraucht – mit 14 habe ich diesen Riesenwälzer in den Sommerferien in einer Woche verschlungen, aber nichts anderes nebenher getan. Er handelt wie gesagt von Russland, genauer gesagt vom Zarenreich von 1805 bis 1812 während des Napoleonischen Krieges. Ein vielschichtiges Geschichtsepos, man braucht aufgrund der umfangreichen Familienbande ein sehr gutes Gedächtnis oder eine Übersichtstafel der beteiligten Personen (über 200!). Der Roman beschreibt detailreich das russische Gesellschaftsleben dieser Zeit, zahlreiche Schlachten inklusive – in sehr realistischer Darstellung. Nicht immer einfach zu lesen, aber lohnt sich im Vergleich zu den teils kitschigen Verfilmungen. Helga / Musikbibliothek
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Natürlich darf „Krieg und Frieden“ nicht fehlen … Man kann es zum einen als russisches „Downton Abbey“ lesen mit seinen detailierten, amüsanten, aber auch tragischen Einblicken in die russische Adels- und Gesellschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts. Zum anderen war es mein intensivstes und spannendstes Studium der Napoleonischen Feldzüge gegen Russland und Österreich, das man niemals so eindrücklich und interessant im Schulunterricht vermittelt bekommen hat. Unbedingt eines der zehn besten Bücher, die ich bislang gelesen habe. Jede Seite (variiert je nach Ausgabe und Sprache zwischen 1.300 und über 2.000 Seiten) lohnt! Tanja / Referentin
diverse Ausgaben, z.B. Hanser Literaturverlag, 2288 Seiten, neu übersetzt von Barbara Conrad
Philippe Margotin, Jean-Michel Guesdon: Rolling Stones – Alle Songs. Die Geschichten hinter den Tracks
Die Rolling Stones, 1962 gegründet, gehören zu einer der frühesten, langlebigsten, erfolgreichsten und einflussreichsten Gruppen der Rockmusik-Geschichte. Immer wieder erfanden sie sich neu. Die Songs von Mick Jagger und Keith Richards sind inzwischen zu zeitlosen Klassikern geworden. Auf der Liste der „besten Songs aller Zeiten“ des Musikmagazins Rolling Stone steht der Stones-Song „Satisfaction“ von 1965 auf Platz 2 – hinter Bob Dylans Opus „Like a Rolling Stone“. Dieses umfassende Buch bietet nicht nur Fans einen Rückblick auf ihre Songs und die Entstehungsgeschichte ergänzt durch Anekdoten und Fotos. Gisela / Musikbibliothek
Delius Klasing, 752 Seiten, 600 Abbildungen
Paul Theroux: Mutterland
Der neue, schwergewichtige Roman von Paul Theroux, der vor allem als Reiseschriftsteller bekannt ist, ist ein autobiografischer Familienroman, dessen Reise dieses Mal ins „Mutterland“ führt, ins Innere seiner Familie. Der Ich-Erzähler ist ein Teil davon und schildert sehr subjektiv dieses emotionale, von gegenseitigen Bösartigkeiten und Abhängigkeiten bestimmte Familienleben.
Wir verkauften uns als als große, glückliche Familie weil wir so viel zu verbergen hatten.
Die Mutter ist die zentrale Figur, um die sich das Familienleben bis in ihr hohes Alter dreht, der Vater spielt eine wunderliche Nebenrolle und verschwindet ganz für die letzten 20 Jahre, in denen der Roman spielt. Die sieben noch lebenden, aber stetig alternden „Kinder“ werden von der Mutter manipuliert und drangsaliert, nur das achte – die Tochter Angela, die bei der Geburt starb – ist das positive Gegenbild, von der Mutter verehrt und geliebt. Die Mutter erscheint undurchschaubar, uneinsichtig, ungerecht und illoyal wie eine zornige Gottheit, die ihre Kinder gegeneinander ausspielt. Die Kinder aber agieren selbst intrigant, neidzerfressen und rücksichtslos, immer um die Gunst der Mutter bemüht und abhängig von ihren Launen. Auch der Ich-Erzähler mischt da kräftig mit und rechnet mit seiner Mutter und seinen Geschwistern ab: Episodenhaft berichtet er unermüdlich wie detailreich von den unzähligen gegenseitigen Verletzungen. Gruselig ist das auf jeden Fall, auf die Dauer manchmal auch anstrengend, aber das kann von Theroux durchaus gewollt sein. Viola / Stadtbibliothek Neuhausen
Hoffmann und Campe, 656 Seiten, aus dem amerikanischen Englisch von Theda Krohm-Linke
Paul Auster: 4 3 2 1
Paul Auster gehört ja zu den ganz Großen der amerikanischen Literaturszene, und ich hatte mit großer Begeisterung einige seiner früheren Bücher gelesen, z.B. die New-York-Trilogie. Trotzdem habe ich zunächst gezögert, ob ich mir einen Backstein von über 1200 Seiten antun soll – auch wenn sich zumindest das Transportproblem in Zeiten des eBooks komfortabel lösen lässt.
In „4 3 2 1“ macht Auster das, was amerikanische Schriftsteller so gut können: nämlich die Geschichte einer Person oder einer Familie zu erzählen, in der sich zugleich die gesellschaftliche und politische Realität des Landes spiegelt. Aber Auster macht noch mehr: Er erzählt nicht d i e Geschichte von Archies Kindheit und Jugend, sondern er erzählt sie uns in vier Varianten, und zwar nicht nacheinander, sondern zeitlich ineinander verschränkt. Alle vier Archies sind zum Zeitpunkt ihrer Geburt ein- und derselbe und wachsen bei denselben Eltern und zunächst in demselben Umfeld auf. Es sind die kleinen und größeren Zufälle und Wechselfälle des Lebens, die dazu führen, dass ihre Lebenslinien sich immer weiter auseinander entwickeln. Interessant ist, dass alle vier Archies, in denen übrigens auch jede Menge Paul Auster steckt, bei aller Verschiedenheit ihrer Lebenswege trotzdem vieles gemeinsam haben. In eine fesselnde Story verpackt, stellt Auster hier also nicht weniger als die Frage nach dem Wesenskern eines Menschen: Was macht ihn aus, unabhängig von den äußeren Umständen?
Kritiker haben „4 3 2 1“ Austers „opus magnum“ genannt – eine augenzwinkernde Anspielung auf dem Umfang des Buches, natürlich, aber auch eine begeisterte Empfehlung, der ich mich nur anschließen kann. Stefanie / Stadtbibliothek Laim
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Einer meiner Lieblingsbücher des letzten Jahres war „4 3 2 1“. Nicht nur weil Paul Auster ein begnadeter Autor ist, sondern weil es im Grunde vier Bücher sind, die parallel verlaufen. Je nach Schicksalsschlägen, Zerwürfnissen oder familiären Konstellationen entwickelt sich der Protagonist in eine andere Richtung. Wer hat sich selbst nicht schon mal gefragt, ob sein Leben nicht anders verlaufen wäre wenn die Parameter ein klein wenig anders gestellt wären? Zudem durfte ich den jungen Archibald, der mir mit der Zeit ans Herz gewachsen immer wieder begleiten. Selbst dann, wenn er eigentlich schon tot war. So etwas schafft nur die Literatur. Stefanie / Krankenhausbibliotheken
Rowohlt 1264 Seiten, aus dem Amerikanischen von Thomas Gunkel, Werner Schmitz, Karsten Singelmann und Nikolaus Stingl
Pierre Jarawan: Am Ende bleiben die Zedern
Für sein Romandebüt „Am Ende bleiben die Zedern“ erhielt Pierre Jarawan 2015 das Literaturstipendium der Stadt München. 2012 wurde Jarawan Internationaler Deutschsprachiger Meister im Poetry Slam. „Am Ende bleiben die Zedern“ wirkt wie eine Hommage an den Vater, der in seinem Heimatland, dem Libanon, spurlos verschwindet, als Samir acht ist. Samir macht sich zwanzig Jahre später auf in das Land der Zedern, um das Rätsel dieses Verschwindens zu lösen. Jarawan gelingt es berührend und meisterhaft eine umfassende Familiengeschichte mit der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung im Libanon zu verweben. Die humorvollen Passagen und die poetische Geschichte über die Suche nach den eigenen Wurzeln vermitteln einen starken Zauber. Gisela / Stadtbibliothek Moosach
Berlin Verlag, 448 Seiten
Mareike Fallwickl: Dunkelgrün fast schwarz
Für den Protagonisten Moritz hat jeder Mensch eine eigene Farbe. Sein neuer Freund Raffael ist grün, leuchtend grün!
Von Anfang an sind Moritz und Raffael unzertrennlich. Raffael ist der Stärkere, Mutigere und Dominantere. Der verträumte Moritz ist ängstlich und zurückhaltend. Raffael geht voran, Moritz folgt. Doch Moritz‘ Mutter Marie ist zunehmend besorgt über die Freundschaft zwischen den ungleichen Jungen. Sie glaub hinter Raffaels stahlblauen Augen etwas Zerstörerisches zu erkennen.
Sechzehn Jahre später steht Raffael plötzlich vor Moritz Tür. Doch seine Farbe hat sich verändert, sie ist nun dunkelgrün, fast schwarz.
Ein Buch über Freundschaft und Macht und darüber, was passiert, wenn die Macht in einer Freundschaft missbraucht wird.
Mareike Fallwickls großartiges Debüt saugt einen geradezu in sich hinein in einen Farb-Wort-Strudel aus Verzweiflung und Sehnsucht, Verrat und Vergebung. Lisa / Monacensia im Hildebrandhaus
Frankfurter Verlagsanstalt, 480 Seiten
Dan Simmons: Terror
Ein eindrucksvoller Abenteuerroman, der die letzte Expedition John Franklins, die Erkundung der Nordwest-Passage im Jahre 1845, thematisiert. Zwei Schiffe, zwei unterschiedliche Kapitäne, 129 Mann, eine Expedition und ihr ungeklärtes Schicksal. Mystisch, spannend, eisig und mit faszinierenden Charakteren wie Kapitän Crozier – eine Mischung aus „The Revenant“ und „Nordwasser“. Wem es zu dick ist, der kann sich auf die Serienverfilmung freuen. Nadine / Stadtbibliothek Sendling
Heyne Verlag, 992 Seiten, aus dem Amerikanischen von Friedrich Mader
Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen
Vor ein paar Jahren bin ich über dieses Buch gestolpert und habe es förmlich verschlungen. Dass es dick ist, spielt hier fast keine Rolle: Es ist ungemein spannend und sehr schön erzählt und jeder, dem ich es in der Zwischenzeit empfohlen habe, konnte es auch schier nicht mehr aus der Hand legen.
Die blinde Französin Marie-Laure flieht mit ihrem Vater aus Paris und hütet dabei einen Schatz. Hinter diesem ist ein junger deutscher Wehrmachtssoldat her und so treiben diese beiden Schicksale unaufhaltsam aufeinander zu. Birgit / Stadtbibliothek Neuhausen
C.H.Beck, 520 Seiten, aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence
Bohumil Hrabal: Die Romane
Man schlage eine beliebige Seite auf, lese ein wenig darin, und schwupps: Zeit, schlafen zu gehen. Denn bei Hrabal freiwillig mit dem Lesen aufzuhören, erfordert Disziplin. Ralf / Stadtbibliothek Neuhausen
Suhrkamp Verlag, 1487 Seiten, aus dem Tschechischen von Franz Peter Künzel
Bei uns in dieser Ausgabe leider nicht im Bestand. Aber Werke von Hrabal gibt es natürlich jede Menge bei uns.
Und noch ein paar Empfehlungen ohne viele Worte von Katrin / Programm und Öffentlichkeitsarbeit:
Matthias Senkel: Dunkle Zahlen. Matthes & Seitz, 488 Seiten.
#Russland #Computer #multiperspektivisch
David Foster Wallace: Der bleiche König. Kiepenheuer & Witsch, 640 Seiten, aus dem amerikanischen Englisch von Ulrich Blumenbach.
#Versicherung #Postmoderne #Identität
Nathan Hill: Geister. Piper Verlag, 864 Seiten, aus dem amerikanischen Englisch von Katrin Behringer und Werner Löcher-Lawrence.
#Schriftsteller #Fiktionen #Familie
Noch mehr Buchtipps findet ihr zum Beispiel in den Beiträgen zu unserer Reading Challenge oder unserer Rubrik Auslese.
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