In der Münchner Stadtbibliothek finden seit 2018 regelmäßig offene Werkstattgespräche in Kooperation mit der Süddeutschen Zeitung statt. Diese Veranstaltungsreihe, in der Journalistinnen und Journalisten über ihre Arbeit sprechen, geht zurück auf die Initiative des Redakteurs Klaus Ott. Für die Süddeutsche Zeitung schreibt er Reportagen, die oft große Unternehmenskrisen behandeln. Wir haben nachgefragt, warum ihm die SZ-Werkstattgespräche so am Herzen liegen.
Was ist die Idee hinter den SZ-Werkstattgesprächen?
Ganz einfach: Wir wollen, wir müssen unseren Journalismus in diesen Zeiten so breit wie möglich in die Gesellschaft hinein tragen. Wir müssen erklären, wie wir arbeiten, wie wir recherchieren und redigieren, wie wir unsere Informationen prüfen, wie wir Nachrichten auswählen, wie wir entscheiden, was wie veröffentlicht wird, und vieles mehr. So entsteht Vertrauen, das festigt Vertrauen. In der Zeitung, egal ob gedruckt, digital oder online, ist ja nur – das „nur“ jetzt in Anführungszeichen gesprochen – das Ergebnis unserer Arbeit zu sehen. Aber nicht, wie es zustande kommt. Das zu erklären, wird immer wichtiger in einer Zeit, in der extreme Kräfte weltweit und auch bei uns die Pressefreiheit angreifen. Da müssen wir dagegen halten, und das geht am besten im Gespräch mit möglichst vielen Menschen, um sie von unserer Arbeit zu überzeugen. Denn ohne Pressefreiheit gibt es keine freie Meinungsbildung und keine Demokratie.
Warum passt das SZ-Werkstattgespräch aus Ihrer Sicht so gut in öffentliche Bibliotheken?
Weil wir dieselben Ziele haben: Lust aufs Lesen zu machen, aufs Diskutieren, auf Bildung. Damit möglichst viele Leute sich möglichst gut informieren und auf dieser Basis miteinander ins Gespräch kommen. Bibliotheken und Zeitungen können im besten Fall eine Klammer für die Gesellschaft sein. Sie können dazu beitragen, dass die Gesellschaft nicht auseinander treibt oder sich gar spaltet, wie das in den USA zu beobachten ist. Dort können die beiden großen Lager oft gar nicht mehr vernünftig miteinander reden, geschweige denn vernünftig streiten und dann gemeinsam zum Wohle des Landes entscheiden. Wenn ein Teil eines Volkes glaubt, was es glauben will, weil irgendwelche Ideologen Unsinn und Hass verbreiten, dann gerät ein ganzes Land aus den Fugen. Das wäre für mich hier in Bayern, wo ich mit meiner Familie sehr, sehr gerne lebe, eine Horrorvision. Information und Bildung sind die Schlüssel für eine offene und vielfältige Gesellschaft, in der die verschiedenen Lager bei allen Meinungsunterschieden gut miteinander auskommen.
Was nehmen Sie für Ihre Arbeit aus den Diskussionen bei den SZ-Werkstattgesprächen mit?
Wahnsinnig viel. Die Kollegin Lisa Schnell aus unserer Bayernredaktion, die für die SZ aus dem Landtag berichtet, hat das mal sehr schön beschrieben. Das habe sie „noch nicht erlebt, dass so intensiv und lange diskutiert wird. Ich glaube, da haben sich Menschen miteinander unterhalten, die sonst nie zusammen kommen, und das sehe ich als großen Gewinn an.“ Das war nach einem Werkstattgespräch im Gasteig im März, bei dem Lisa zusammen mit Kolleginnen und Kollegen berichtet hat, wie schwierig Recherchen bei der AfD sind. Bei einer Partei, in der etliche Funktionäre und Politikerinnen Journalistinnen und Journalisten regelmäßig schmähen. Darüber haben wir mit dem Publikum ganz offen geredet. Es war, wie immer, ein gelungener Abend. Wir nehmen da viele Eindrücke und Anregungen mit. Was können wir vielleicht noch besser erklären, wo sollten wir noch genauer hinschauen.
Das nächste SZ-Werkstattgespräch findet am 11. November, 19 Uhr, in der Stadtbibliothek Am Gasteig, zum Thema „Pressefreiheit in Gefahr“ statt.
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