Die Schriftstellerin Helene Butenschön – Pseudonym Fr. Lehne | #femaleheritage

Die Schriftstellerin Helen Butenschön veröffentlichte ihre Romane und Erzählungen ab 1905 unter dem Pseudonym Fr. Lehne. Ihr erstes Buch erschien in Chemnitz, bevor sie 1907 nach München zog und hier 1957 verstarb. Ihre Urgroßnichte, Cornelia Lüdecke, stellt uns die Autorin in ihrem Gastbeitrag zur Blogparade #femaleheritage vor. Dabei zeichnet sie Parallelen zu Hedwig Courths-Mahler nach und geht auf die Verbindung zum Schriftsteller Hans Carossa ein, der sie sehr wertschätzte.

Helene Butenschön (Pseudonym Fr. Lehne, Geburtsname unbekannt) wurde am 10. September 1874 in Löbejün bei Halle (Saale) geboren.[1] Ihre Kindheit und Jugend verlebte sie in Bernburg (Saale), wo sie auch bis 1891 die höhere Töchterschule besuchte. Sie wäre gerne Lehrerin geworden, aber ihre Gesundheit ließ diese Ausbildung leider nicht zu. Stattdessen beschlossen ihre Eltern, dass sie den praktischen Beruf einer Hausfrau erlernte. 1895 heiratete sie den Kaufmann Johannes Butenschön, einen Bauerssohn aus Schleswig-Holstein[2] und folgte ihm nach Chemnitz (Sachsen), wo er beruflich tätig war.[3] 

Nachdem sie keine Kinder bekam und ihr Mann häufig wochenlang auf Dienstreisen war, lebte sie sehr zurückgezogen. Vor diesem Hintergrund begann sie, schriftstellerisch tätig zu werden und verfasste eine Reihe von Novellen und Erzählungen, die in verschiedenen Zeitschriften wie z. B. in der Gartenlaube erschienen.[4] Ihre vielgelesenen Werke werden der Trivialliteratur zugerechnet.

Helene Butenschön, Pseudonym Fr. Lehne Portrait aus dem Jahr 1930. Foto: Privatbesitz Cornelia Lüdecke, München. | #femaleheritage
Helene Butenschön, Pseudonym Fr. Lehne Portrait aus dem Jahr 1930. Foto: Privatbesitz Cornelia Lüdecke, München. | #femaleheritage

Chemnitz: Helene Butenschön und Hedwig Courths-Mahler

Helene Butenschöns Lebensweg verlief im weitesten Sinn ähnlich wie das von ihrer Rivalin im Genre der Trivialliteratur Hedwig Courths-Mahler (18671950). Diese hatte bereits schon früher begonnen, Erzählungen zu veröffentlichen. Courths-Maler war bereits 1894 mit ihrer Familie nach Chemnitz gezogen, wo ihr Mann eine Stelle als Dekorationsmaler antrat. [5]

Vielleicht kreuzten sich in Chemnitz die Wege beider Schriftstellerinnen, aber ob es möglicherweise zu einem persönlichen Austausch oder gar gegenseitigen Anregungen gekommen war, ist nicht bekannt. Courths-Malers erster Roman „Licht und Schatten“ wurde jedenfalls 1904 in Fortsetzungen im Chemnitzer Tageblatt abgedruckt, während Helene Butenschön 1905 in Chemnitz ihr erstes Buch „Ein Frühlingstraum“ unter ihrem Pseudonym Fr. Lehne publizierte. Im selben Jahr wechselte der Arbeitgeber von Courths-Malers Mann von Chemnitz nach Berlin, was einen Umzug der Familie verbunden war. 30 Jahre später, wohl erst nach der Pensionierung ihres Mannes bezogen sie 1935 ein Haus in Tegernsee, wo ihr Mann ein Jahr später verstarb. Hedwig Courths-Mahler wohnte dort noch weitere 14 Jahre alleine.

Helene Butenschön hingegen wechselte mit ihren Mann 1907 von Chemnitz nach München, wo er eine neue Arbeitsstelle antrat und sie die Wohnung in der Giselastr. 20/IIr bezogen.[6] Auch hier konnte sie wegen ihrer anfälligen Gesundheit nicht am geselligen Leben der Schwabinger Künstler teilnehmen. Während des Ersten Weltkrieges starb ihr Mann, der als Oberleutnant in einem Bayerischen Regiment im Felde war (Ort und Zeitpunkt unbekannt).[7] Sein Name wurde seinerzeit in der Gedenkanlage für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, die zwischen Hofgarten und Bayerischer Staatskanzlei liegt, mit aufgeführt. Die Namen der Gefallenen wurden jedoch nach der Zerstörung während des Zweiten Weltkrieges nicht mehr erneuert.[8]

Verbindung zum Schriftsteller Hans Carossa

Eine weitere Verbindung ergab sich zum Schriftsteller Hans Carossa (1878-1956), der von 1914 bis 1929 in der Theresienstraße 46/II seine Praxis hatte.[9] Im Adressbuch von München für 1914 bezeichnete er sich als niedergelassener praktischer Arzt Dr. med., spezialisiert auf Lungenleiden.10] Ob Helene Butenschön seine Patientin wurde, ist nicht bekannt. Es wird aber überliefert, dass sie mit seiner Frau befreundet war.11] Denkbar ist auch, dass sich die so unterschiedlichen Literaten in der Buchhandlung Lehmkuhl in der Leopoldstr. 23 getroffen haben.[12] Sein 1924 erschienenes „Rumänisches Tagebuch“ wurde damals zum größten Verkaufsschlager der Buchhandlung und befand sich auch in Butenschöns Besitz.[13]

Es wird jedenfalls berichtet, dass Hans Carossa Helene Butenschöns Frauenromane sehr geschätzt hätte, da sie im Gegensatz zu Hedwig Courths-Maler vorzügliche Dialoge verfassen würde.[14] Offenbar hielt der Kontakt zwischen Carossa und Butenschön auch nach seinem Wegzug nach Seestetten (Donau) im Jahr 1929 an, denn in ihrem Nachlass befinden sich u. a. Carossas Gesammelte Werke, die 1949 in zwei Bänden erschienen.[15] In Band 1 befindet sich folgende Widmung:

Wenn ein Wink folgt im Sein,
Vieles zu Einem erbaut,
Stündlich prägt ihn der Stern,
Und nach glühenden Jahren, 
Wenn wir irdisch erblinden
Reift die größere Natur.
Für Lene Butenschön
In Verehrung herzlich gewidmet
Weihnachten 1949

Hans Carossa[16]

Bis zu ihrem letzten Roman „Warum fragtest du nicht, Magareta?“, der 1952 im Düsseldorf erschien, publizierte Helene Butenschön insgesamt 55 Frauenromane, die zum Teil bis in die 1950er Jahre mehrfach aufgelegt wurden, ihr Erstlingswerk sogar bis in die 1980er Jahre.[17]

Helene Butenschön starb am 18. November 1957 in München.

Autorin: Cornelia Lüdecke, München

Vielen herzlichen Dank für die Vorstellung Ihrer Urgroßtante, der Autorin Helene Butenschön!

Cornelia Lüdecke
Cornelia Lüdecke

Cornelia Lüdecke ist Professorin i.R. für Geschichte der Naturwissenschaften mit den Schwerpunkten Meteorologie und deutsche Polarforschung, zu denen sie 20 Monographien und über 180 wissenschaftliche Artikel publiziert hat. Seit 2004 leitet sie die Expertengruppe Geschichte der Antarktisforschung im Wissenschaftlichen Komitee für Antarktisforschung (SCAR). Sie ist korrespondierendes Mitglied der Internationalen Akademie der Wissenschaften in Paris und erhielt die Reinhard Süring Medaille sowie den Paulus-Preis der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft.


[1] Brümmer, Franz, 1913, Butenschön, Helene, in: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten von Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 6. Auflage. Reclam, Leipzig 1913, Band 1, S. 398.
[2] Auskunft von Hannelore Lüdecke, Großnichte von Helene Butenschön.
[3] Brümmer 1913, S. 398.
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Helene_Butensch%C3%B6n <angesehen am 1.12.2020>.
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Hedwig_Courths-Mahler < angesehen am 16.11.2020>, https://de.wikipedia.org/wiki/Helene_Butensch%C3%B6n  angesehen am 1.12.2020.
[6] Adressbuch für München und Umgebung, 1908, S. 73, Brümmer 1913, S. 398.
[7] Auskunft von Hannelore Lüdecke, Großnichte von Helene Butenschön.
[8]https://de.wikipedia.org/wiki/Kriegerdenkmal_im_Hofgarten_(M%C3%BCnchen), angesehen am 1.12.2020
[9] https://stadt-muenchen.net/denkmal/d_denkmal.php?id=2071 <angesehen am 16.11.2020>, https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Carossa<angesehen am 4.12.2020>.
[10] Adressbuch für München und Umgebung, 1914, S. 93.
[11] Auskunft von Hannelore Lüdecke, Großnichte von Helene Butenschön.[12] Heißerer, Dirk, 2003, Lehmkuhl. 100 Jahre Leben mit Büchern, S. 15, 23.[13] Heißerer 2003, S. 54-55, Carossa, Hans, 1924, Rumänisches Tagebuch. Insel, Leipzig.
[14] Auskunft von Hannelore Lüdecke, Großnichte von Helene Butenschön.[15] Carossa, Hans, 1949, Gesammelte Werke, Wiesbaden, Insel, 2 Bde.
[16] Privatbesitz von Cornelia Lüdecke, München.
[17] https://de.wikipedia.org/wiki/Helene_Butensch%C3%B6n <angesehen am 1.12.2020>.


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