#faq, Folge 2

Wer waren Mechthild, Gertraud und Anna?

In unseren Regalen finden sich manchmal gut verborgen interessante kleine Geschichten. Neulich fiel mir ein unscheinbares Buch in die Hand und weckte meine Neugier.Hackedorn_Pfingstgebet

Das Buch ist in blaues Papier eingeschlagen. Der Titel lautet: „Ein neues guldes Bettbuech S. Mechtildis: Jn Welchem gantz feurige vnd inbrünstige Gebett zu Gott dem Allmechtigen vnd dem gantzen Him[m]lischen Herr, auf die fürnembste heiligiste Fest vnd Sontag deß gantzen Jahrs begriffen“. Es handelt sich also um ein Gebetbuch.

 

Die Gebete sind von Mechthild von Hackeborn. Eine Recherche in der „Deutschen Biographie“ ergibt: Mechthild von Hackeborn lebte von 1241 bis 1299. Sie war Nonne in einem Zisterzienserkloster, dem ihre Schwester vorstand. Dort leitete sie die Klosterschule. Ihre Herz-Jesu-Gebete wurden von Mitschwestern aufgezeichnet. Bald nach ihrem Tod wurde sie als Heilige angerufen. Vor allem bis ins 17. Jahrhundert erlangten ihre Gebete eine große Verbreitung in Gebetbüchern. Diese waren Gebrauchsliteratur jener Zeit.

Unser Buch stammt aus dem Jahr 1623. Auf dem Vorsatzblatt befindet sich ein handschriftlicher Eintrag in der Sütterlinschrift des 18. Jahrhunderts.

 

Hackedorn_vorsatzDas Entziffern des Eintrags wird zum Ratespiel. Mehrere Kolleginnen beteiligen sich an der Entzifferung bis zur Lösung durch eine sehr kundige Kollegin:

„Johannes Diener von Nieder Viebach 1796 und Gerthraud Dienerin von Lichten See Gebirthig 1796“

Offensichtlich befand sich dieses Buch einmal im Besitz dieser beiden Personen. Allerdings ist nicht klar, auf welchen verschlungenen Wegen es schließlich hier in der Münchner Stadtbibliothek landete.

Hackedorn_Titelblatt_Gedruckt wurde das Buch, wie bereits erwähnt, 1623 und zwar hier in München.

 

„Getruckt zu München/bey Anna Bergin/Wittib.“

Eine Recherche in der „Deutschen Biographie“ klärt uns auf, dass Anna Berg mit Adam Berg verheiratet war. Dieser war von auswärts zugewandert und kaufte auf Veranlassung des Herzog Albrechts des V. eine Druckerei hier in München. Diese war ziemlich heruntergewirtschaftet doch Adam und Anna Berg setzten sie wieder in guten Zustand. Adam Berg wurde Hofbuchdrucker und einer der bedeutendsten Drucker der Gegenreformation Süddeutschlands. Nach seinem Tod 1610 führte seine Witwe Anna die Geschäfte weiter und übergab 1629 die Druckerei an ihren Sohn Adam den Jüngeren.

Beantwortet von Anke Wagner, Stadtbibliothek Am Gasteig

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