How to facebook, Teil 1: Ein guter Post …

Vielleicht hat es die eine oder der andere bereits mitbekommen: Wir haben die Struktur unserer Facebook-Seite umgestellt. Nun gibt es nicht mehr nur die Facebook-Seite der Münchner Stadtbibliothek, sondern zusätzlich zu dieser Hauptseite auch eine so genannte Standortseite für die zentrale Stadtbibliothek Am Gasteig und jede Stadtteilbibliothek sowie Seiten der Monacensia im Hildebrandhaus und der Juristischen Bibliothek. Diese Seiten werden aus mehreren Gründen vor Ort betrieben, d.h. von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der jeweiligen Bibliothek. Ich bin wahnsinnig gespannt, wie sich das entwickelt und welche Stimmen wir da zu hören bekommen werden. Doch bevor es soweit ist, sind erst einmal Schulungen angesagt: Was ist eigentlich Facebook? Was will und macht die Münchner Stadtbibliothek da? Und wie sieht eigentlich ein guter Post aus?

Da die Antworten auf diese Fragen vielleicht nicht nur für unsere zukünftigen Facebook-RedakteurInnen interessant sind, habe ich beschlossen, die Inhalte der Schulung nicht als internes Paper, sondern als Blog-Artikel zu veröffentlichen. Den Beginn macht: Ein guter Facebook-Post … Die folgende Liste könnte womöglich sogar als eine Art Checkliste verwendet werden. Kritik, Kommentare und Ergänzungen sind jederzeit herzlich willkommen!

Ein guter Facebook-Post …

… ist juristisch einwandfrei

Man kann es gut oder schlecht finden (für beides gibt es Gründe), dass die Digitalisierung zwei bürgerliche Rechte als überkommen vorführt: das Urheberrecht und das Persönlichkeitsrecht. Als Bibliothek sollte man die Graubereiche kennen und die jeweiligen gesetzlichen Rahmenbedingungen einhalten, denn es handelt sich hier um zwei Rechte, die die Arbeit von Bibliotheken im Kern berühren. Im Klartext: Man verwendet keine Texte von Autorinnen und Autoren, die nicht ihr Einverständnis dazu gegeben haben. Und man verwendet keine Bilder, auf denen Menschen zu sehen sind, deren Einverständnis man nicht hat. Kritisch finde ich außerdem die Wiedergabe von KundInnen-Dialogen, da auch ein solches Zitat einen Eingriff in eine private und schützenswerte Kommunikation zwischen Kunde/Kundin und BibliothekarIn darstellt.

 

… ist optisch herausragend

Die Aufmerksamkeit der Facebook-Nutzerinnen und -Nutzer zu erlangen ist nicht leicht. Oft ist der erste Eindruck entscheidend, ob jemand näher hinsieht oder nicht, und diesen ersten Eindruck macht üblicherweise nicht der Text, sondern das Bild – das sieht auch Facebook selbst so, und deshalb bewerten die Algorithmen die verschiedenen Medienarten durchaus unterschiedlich: je aufmerksamkeitsheischender, desto höher im Facebook-Ranking.

Es ist ratsam, hochwertiges Material zu verwenden – entweder aus dem eigenen Bildarchiv (sofern vorhanden) oder von professionellen Portalen (CC0-Lizenz oder kostenpflichtig). Auch bei selbstgemachten Bilder gilt es, auf Qualität zu achten: Kamera statt Handy, Lichtverhältnisse und Bildausschnitt beachten und planen, ordentliche Szenerie schaffen, keine Unschärfen, lieber zu viel als zu wenig dpi.

Sonderfall Linkpost: Beim Linkpost wird das Bild von der Website des verlinkten Texts gezogen. Wenn der Content erscheint, kann und sollte man den Linktext wieder löschen. Falls kein Bild gezogen wird, bringt der Facebook-Debugger in vielen Fällen die Lösung. Falls das ‚falsche‘ Bild gezogen wird, das zudem absolut nicht zum Inhalt passt, sollte man überlegen, auf einen Bildpost mit Link auszuweichen.

Facebook-Algorithmus: Bilder < Videos < Live-Videos
Bildquellen-Tipp: Pixabay (ohne oberste Shutterstock-Reihe), Unsplash (von beiden keine Bilder mit Menschen verwenden, da Persönlichkeitsrechte nicht sicher geklärt!)
Weiterbildungstipp
: allfacebook.de

 

… ist sympathisch

Indem Menschen eine Facebook-Seite liken, bekunden sie ihre Sympathie – sei die nun politischer, emotionaler oder anderer Natur – oder wenigstens ihr Interesse an der jeweiligen Institution. Eine Seite kann hervorragende Inhalte bieten, total witzig sein oder unglaubliche Gewinne verlosen – solange ihr Tonfall unsympathisch ist, wird sie sich beim Aufbau einer Community schwertun.

Ein sympathischer Text kann sehr unterschiedlich klingen; im Grunde gilt es nur, die eigene Stimme zu finden, authentisch zu sein, ein gutes Benehmen an den Tag zu legen, nicht ausschließlich von sich zu reden – eben wie man sich ‚im echten Leben‘ auch verhalten würde, wenn man zu einer größeren Gruppe (deren Mitglieder einem weitgehend persönlich unbekannt sind) spräche, sei das auf einer Party oder von einer Bühne herunter. Wie man in den Wald hineinruft … ihr kennt das.

In sozialen Medien bestimmt man durch die eigene Rhetorik allerdings nicht nur den Ton der folgenden Dialoge, sondern die ganze Gestalt der Community: Nach und nach versammeln sich auf der Seite die Menschen, die ihre Texte mögen und sich mit diesen auf die eine oder andere Weise identifizieren können. Ausrufezeichen-Seiten sammeln Ausrufezeichen-Fans, in Großbuchstaben kommunizierende Seiten sammeln ähnlich lauthals plärrende Fans.

Auf den Facebook-Seiten der Münchner Stadtbibliothek wird geduzt. Werden wir direkt angesprochen (via Kommentar oder Messenger) richten wir uns nach der Ansprache des Fans: Siezt er/sie, siezen wir ihn/sie ebenfalls; duzt er/sie, duzen wir ihn/sie ebenfalls. Ein „Ich“ wird auf Facebook immer gerne gesehen, stellt jedoch bekanntermaßen keine geringe Schwierigkeit dar, wenn man im Namen einer Institution spricht. Deshalb sieht man es auch bei uns eher selten.

Rhetoriktipp: lesen, lesen, lesen
Weiterbildungstipp: eLearning-Serie „Grundlagen Social Media“ von Mira Giesen (in der Onleihe verfügbar)

 

… enthält die Botschaft der Institution

Ob man will oder nicht: Jeder einzelne Post stellt eine Äußerung der jeweiligen Institution dar und wird auch als solche wahrgenommen. Dessen sollte man sich stets bewusst sein, wenn man Beiträge für Institutionsseiten textet und bebildert. Diese Tatsache sollte man jedoch nicht als Last, sondern vielmehr als Inspiration begreifen. Die Münchner Stadtbibliothek etwa hat sich Anfang 2016 eine Vision gegeben, aus der sich gleich eine Reihe von Inhalten und Themen ergeben. Jedoch geht es nie darum, ein ums andere Mal z.B. die gesellschaftliche Relevanz von Bibliotheken zu proklamieren. Besser folgt man der herrlichen Parole von Laura Solomon: Get over yourself! Also: keine Behauptungen, wie großartig man sei. Sondern: großartig sein. Auf Facebook bedeutet das: nützlich sein, unterhaltsam sein, sympathisch sein, aufmerksam sein, Bedürfnisse erkennen – kurz gesagt: relevant sein.

Der Bezug des einzelnen Beitrags zur Institution muss mindestens im Text erläutert werden, wenn er sich nicht von selbst erklärt: Was hat das mit der Institution zu tun? Warum postet die Seite das? Die Fans sollen die Beiträge einer Seite schließlich als Beiträge der Seite erkennen und begreifen. Zur Beruhigung: Das Gefühl für gute Posts wächst stetig by doing.

Themenrecherche: Google Alerts, Flurfunk, andere Facebook-Seiten aus derselben Branche
Weiterbildungstipp: Facebook-Seiten auch anderer Branchen, Bücher von Laura Solomon

 

… wird gelikt, geklickt, geteilt, kommentiert oder empfohlen

Facebook ist eine Community, und in einer Community hat Einbahn-Kommunikation so wenig zu suchen als möglich (ganz vermeiden lässt sie sich nie). Deshalb empfiehlt es sich, Beiträge vor der Veröffentlichung auf ihre Netzwerk-Qualitäten abzuklopfen: Warum sollte dieser Beitrag gelikt, geteilt, weiterempfohlen oder kommentiert werden? Die Antwort kann man sich ganz gut selbst geben: Welche Beiträge like ich? Beiträge, deren Inhalt ich gut finde (schön/unterhaltsam/zustimmenswert). Wann klicke ich auf einen Beitrag? Wenn ich mir davon mehr oder genauere Infos erhoffe oder schlicht neugierig bin, was sich dahinter verbirgt. Welche Beiträge kommentiere ich? Alle, zu denen ich etwas Wichtiges zu sagen habe (oder wenigstens derart wahrgenommen werden möchte). Welche Beiträge teile ich? Beiträge, deren Inhalte ich einer größeren Öffentlichkeit zur Kenntnis geben möchte (weil sie neu/nützlich/politisch/lustig/wichtig sind oder mich in meiner Filterblase cool aussehen lassen).

Auch diese Strukturierung birgt jede Menge Inspiration. Wer sich im konzeptionellen Denken wohlfühlt, kann Posts durchaus ‚von oben‘ planen, indem er zwei Fragen beantwortet: Was ist mein Thema und was will ich erreichen? In unserem Falle ist zum Beispiel aus den strategischen Zielen, die Münchner Stadtbibliothek als Institution der Literatur zu etablieren und die Interaktionen zu erhöhen, das Format „Welches Buch …?“ entstanden. Als wir unsere Community jüngst nach dem Kindheitslieblingsbuch gefragt haben, erhielt der Post über 400 Kommentare und eine Reichweite von über 25.000. So wachsen Gemeinschaften.

Facebook-Algorithmus: Like < Emotion < Kommentar < Weitersagen (empfehlen/teilen)
Tooltipp: Content-Ampel von Kerstin Hoffmann
No Go: faule Tricks, um Klicks zu generieren, z.B. falsche Versprechungen, überlange Bilder etc. Das sorgt nur für enttäuschte Fans, die sich bald abwenden werden, und schafft vor allem keine echte Bindung zur Institution.

 

… kommt zur rechten Zeit

Es gibt zahlreiche Grafiken und Statistiken, die vorgeben, die besten Zeiten für Facebook-Postings zu kennen. Und zu jeder dieser Weisheiten findet sich das Gegenteil à la: Wer wirklich viel Reichweite erlangen will, der postet besser, wenn auf Facebook wenig los ist, denn zu den üblichen Superzeiten posten ja alle anderen schon … Ich habe mich eine zeitlang ebenfalls mit Fragen wie „lieber am Montag oder am Samstag?“, „lieber morgens oder mittags oder abends?“ beschäftigt, und zweifellos steckt da eine gewisse Wahrheit drin: Wer morgens auf dem Weg zur Arbeit ist, verlangt eher nach einer schnellen Info, wer dagegen abends zuhause entspannt, der hat oft Zeit und Laune für ein bisschen Spaß und Spiel und Plauderei. Andererseits: Ein wirklich guter Post setzt sich durch, ganz gleich, ob er um 3 Uhr morgens oder um 18 Uhr abends veröffentlicht wird.

Was man aber tun kann, um eine konstante Aufmerksamkeit der Fangemeinde zu erlangen: nicht zu viel und nicht zu wenig posten (höchstens zwei Beiträge am Tag, mindestens drei pro Woche), Aktualität beweisen (z.B. eigene Inhalte, die perfekt zum Tagesthema passen), Abwechslung bieten (hinsichtlich der Themen und Formate, siehe oben).

Orgatipp: Redaktionsplan anlegen, der eigene Termine (Veranstaltungen, Ereignisse u.ä.), allgemeine Jubiläen und Jahrestage sowie Ideen für Beiträge und Themen enthält. Das garantiert, dass genug Abwechslung herrscht und zudem die Institution in ihrer ganzen Bandbreite abgebildet wird.

 

… vernetzt

Das Herzstück unserer Social-Media-Strategie stellt selbstredend die Bildung einer Community dar – alles andere würde in sozialen Netzwerken auch keinen Sinn machen. Wie man Fans zu einer echten Gemeinschaft auf Basis der eigenen Institutionsinhalte vernetzt, ist oben bereits angeklungen: durch Inhalte, die geteilt und kommentiert werden und die Menschen miteinander ins Gespräch bringen. Es gehört schlichtweg zu meinen schönsten Erfahrungen, wenn sich im Kommentarthread unter einem Beitrag eine angeregte, respektvolle und lebendige Unterhaltung über Literatur, Digitalisierung oder gar die Rolle von Bibliotheken entspinnt.

Der erste Schritt zur Vernetzung kann allerdings schon vorher unternommen werden, nämlich im Beitrag selbst, indem man andere Seiten oder Personen erwähnt (mit @), die mit dem Beitrag in Verbindung stehen (weil sie in dem verlinkten Blog-Artikel vorkommen oder weil man durch sie auf diesen Inhalt gestoßen ist). Natürlich ist dabei Vorsicht geboten, denn wiederholtes Herbeizitiertwerden ohne Sinn und Hintergrund nervt üblicherweise ziemlich schnell.

 

… ist gut für die Fans

Das ist mit Abstand der wichtigste Punkt in dieser Liste. Selbst wenn man alles bisher Gesagte beherzigt, wird man scheitern, wenn man nicht lernt, die Seite zu wechseln und den eigenen Beitrag aus den Augen eines Fans zu betrachten. Auch da halte ich es am liebsten mit Laura Solomon: Jeder Beitrag muss die Fan-Frage „What´s in it for me?“ beantworten können. Also: Was habe ich davon? Was bringt mir das? Warum sollte ich das anschauen und lesen? Auch die Antworten auf diese Fragen sollten selbstverständlich zur Institution passen, denn gerade diese Antworten formen ebenfalls von Grund auf die Gestalt der Community. In unserem Fall lauten sie folglich: Möglichkeiten für die individuelle Weiterbildung, Erweiterung des Horizonts, multimediale Unterhaltung, Ideen für die interkulturelle Gesellschaft, Eintreten für Demokratie, Chancengleichheit und Gleichberechtigung … Und eben nicht: kostenlose Freitickets, die Chance auf den Gewinn einer Reise, Hass auf Andersdenkende, Witze auf Kosten Schwächerer, Special-Interest-Tipps, Katzenbilder und so weiter.

 

… braucht Zeit

Siehe oben 🙂

 

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Featured Image: Daniel Funes Fuentes / Unsplash


Kommentar zu “How to facebook, Teil 1: Ein guter Post …

  1. Super Seite 🙂

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