Cinema Iran: Ausstellung und Eröffnungsfilm
Mit der Eröffnung der Foto-Ausstellung „Iran: Generation Post-Revolution“ von Kaveh Rostamkhani begann gestern das sechstägige Filmfestival Cinema Iran in der Münchner Stadtbibliothek. Die Bilder von Rostamkhani porträtieren eine Generation von jungen Frauen und Männern, die gerne als „couchrebels“ bezeichnet werden, weil sie, als Nachgeborene der Islamischen Revolution von 1979, den Glauben an tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen verloren haben und zugleich in stetiger Furcht leben, ihres gehobenen Lifestyles verlustig zu gehen und wie ihre syrischen Altersgenossen als „lost generation“ zu enden.
In seiner kurzen Einführung wies Kaveh Rostamkhani auf die besonderen Räume hin, in denen er seine Motive sucht und findet. Die Serie „Iran: Generation Post-Revolution“ zeigt kaum öffentliche, sondern vor allem halb-öffentliche und öfter noch private Räume. Denn dort entdeckt der Fotograf jene Bilder, die von der Identitätssuche erzählen, die dem staatlichen Narrativ entgegensteht und damit die ganze Brüchigkeit dieser Generation benennt. Dass digitale Medien wie Smartphones und Laptops vielfach auf Rostamkhanis Fotografien zu sehen sind, demonstriert ein weiteres Mal, wie prekär die Grenzziehung zwischen Öffentlichem und Privatem im Iran ist: Während Frauen gesetzlich verpflichtet sind, außer Haus einen Hedschab zu tragen (wenn sie das nicht tun, geraten sie in die Gefahr, entweder zu einer Gefängnisstrafe verurteilt oder von einem Eiferer körperlich angegriffen zu werden), ermöglicht ihnen das Internet, private Fotos mit (fast) der ganzen Welt zu teilen. Die Ausstellung von Kaveh Rostamkhani unternimmt im Grunde dasselbe: Sie macht privates Leben im Iran öffentlich. Noch dazu in einer öffentlichen Bibliothek, wo, wie der Künstler selbst hervorhob, nicht das typische Kunstmilieu, sondern ein sehr gemischtes Publikum mit seinen Werken konfrontiert werde.
Am 8. Juli hält Kaveh Rostamkhani einen Vortrag über die visuellen und medialen Auseinandersetzungen um die zeitgenössischen Repräsentationen der iranischen Gesellschaft, und darauf darf man wirklich gespannt sein. Denn nicht nur seine Ausstellung, sondern auch der anschließende Cinema-Iran-Eröffnungsfilm „Lantouri“ von Reza Dormishian machte eindrücklich klar, welch große Rolle das Reflektieren über Ästhetik für iranische Künstlerinnen und Künstler spielt. „Lantouri“ erzählt die Vorgeschichte eines Säureattentats, und das gleich zweimal, und zwar als Mockumentary mit Boulevard-TV- und Heist-Movie-Elementen. Ganze Szenen sind als schnelle Abfolge von einzelnen Schnappschüssen inszeniert; immer wieder äußern sich Freunde, Kolleginnen, Bekannte und diverse Experten über die brutale Tat sowie über die Beziehung zwischen dem Gangster Pasha und der Journalistin Maryam. Ob das hohe Tempo und die konsequente Steigerung der Unerträglichkeit von Bildern und Geräuschen nicht zu viel der Überwältigung des Publikums darstellen, darf man sich gerne fragen. Auch deshalb sei der Vortrag von Kaveh Rostamkhani empfohlen: um das Nachdenken über öffentliche und private Repräsentationen eines Landes noch einmal anders anzugehen.
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