Auslese: Türkische Literatur der Gegenwart

Die Türkei und deren Regierung sind aktuell täglich in den Nachrichten. Hier habt ihr zehn Literaturtipps, um euch selbst ein Bild der kulturellen und gesellschaftlichen Lage zu machen. (Ein Klick aufs jeweilige Cover führt in unseren Onlinekatalog zum Ausleihen oder Vormerken.)


Emrah Serbes: Deliduman
Binooki Verlag, 408 Seiten, dt. von Selma Wels

Die kleine Çiǧdem, die sehr ambitioniert Michael Jacksons Moonwalk lernt, möchte an einem Talentwettbewerb im Fernsehen teilnehmen. Da aber 26 Michael Jackson-Doubles selbst für eine Talentshow zu viel sind, bricht die Jury das Casting ab, bevor Çiǧdem an der Reihe ist. Seine Schwester so traurig zu sehen, bricht Çaǧlar das Herz und er entwickelt gemeinsam mit seinem Freund Bazillen-Cengiz einen Plan: Sie zeichnen ihren Tanz auf und stellen das Video auf YouTube. Innerhalb kürzester Zeit explodieren die Klickzahlen. Doch Ende Mai 2013 interessiert sich keiner mehr für Çiǧdem, denn das Internet konzentriert sich weltweit nur noch auf den Gezi-Park in Istanbul. Da schmiedet die kleine Çiǧdem einen neuen Plan: Sie will den Moonwalk vor einem Wasserwerfer tanzen! Und plötzlich finden sich die beiden Geschwister mitten im größten Volksaufstand wieder, den die Türkei je erlebt hat… (Text: Verlag)

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Emrah Serbes liest aus „Deliduman“ am 26. März im Rahmen der Türkischen Filmtage im Carl-Amery-Saal des Gasteig. Mehr Information …


Baris Uygur: Rendezvous auf dem Friedhof Feriköy
Binooki Verlag, 176 Seiten, dt. von Monika Demirel

Der Krimi von Barış Uygur erzählt aus der Perspektive des ehemaligen, leicht verbitterten Polizeibeamten Süreyya Sami seine Suche nach der verschwunden Frau Deniz Deren. Im Gegensatz zu ihrem Ehemann ist er der Meinung, dass es sich in diesem Fall nicht um eine Entführung handelt. Während er ihre Spur aufnimmt, die ihn in ihre dunkle Vergangenheit führt, erweckt die schöne, junge Emel bei Süreyya wieder neue Gefühle, die er bei sich schon längst vergraben glaubte. Jedoch scheint Emel mehr über ihre Freundin Deniz zu wissen, als sie anfänglich zu gibt… (Text: Verlag)


Hundert Jahre Türkei: Zeitzeugen erzählen
Unionsverlag, 608 Seiten, herausgegeben und mit einem Vorwort von Hülya Adak und Erika Glassen

Zeitzeugen berichten von ihren Erlebnissen und gehen den Fragen nach, die seit je die türkische Gesellschaft umtreiben: sei es der türkische Nationalismus mit all seinen Facetten, der Umgang mit den Nationalitäten, die Stellung der Frau, sei es die Überlegung, wohin die kemalistische Revolution geführt hat. Diese Kernfragen sind nach dem Zusammenbruch des osmanischen Vielvölkerreiches über all die Jahrzehnte hinweg bis heute aktuell. Dieses Lesebuch ist Einführung und Quellenband zugleich – eine Geschichte der Türkei aus erster Hand, wie es sie noch nicht gibt. (Text: Verlag)


Ahmet Ümit: Nacht und Nebel (Krimi)
Unionsverlag, 368 Seiten, dt. von Wolfgang Scharlipp

Mine, die heimliche Geliebte des Geheimdienstmitarbeiters Sedat, ist verschwunden. Er selbst hat bei der Aushebung eines Terroristenunterschlupfs kaltblütig auf Fliehende geschossen. Gibt es zwischen diesen beiden Ereignissen einen Zusammenhang? Sedat, der nur knapp einem Attentat entkommen ist, macht sich auf die Suche. Sie führt ihn in Istanbuls Künstlerszene, in die Schattenwelt der Kinderprostitution und Kleinstadtganoven. Kategorien wie Gut und Böse lösen sich auf. Das herrschende System verliert für Sedat Tag für Tag an Glaubwürdigkeit. Je näher er der Lösung des Falls kommt, desto mehr zerfällt seine Selbstsicherheit. In einem furiosen Finale bricht seine Lebenslüge zusammen. (Text: Verlag)


Sabahattin Ali: Der Dämon in uns
Unionsverlag, 352 Seiten, dt. von Ute Birgi-Knellessen

Als Ömer bei einer Fahrt auf dem Bosporus Macide erblickt, durchfährt es ihn wie ein Blitz: Er kennt diese Frau bereits! Macide bricht alle Brücken hinter sich ab, verlässt ihre Familie und zieht zu ihm in seine Kammer. Eine Weile leben die beiden selig in ihrer eigenen Welt. Doch dann melden sich die Dämonen in Ömer: Zweifel, Unsicherheit, Verlockungen. Wirre Kaffeehaus-Intellektuelle ziehen ihn in gefährliche Abenteuer.

Sabahattin Ali war ein Bahnbrecher der türkischen Literatur. Sein Roman ist eine Liebeserklärung an Istanbul und seine Bewohner. Die junge Republik hat das Oberste zuunterst gekehrt. In den Kneipen, Tanzsälen, Konzert-Cafés, Kinos, dunklen Werkstätten, Märkten und Straßen begegnen sich Luxus und Armut, Absteiger und Neureiche. (Text: Verlag)


Ayse Kulin: Der schmale Pfad
Unionsverlag, 288 Seiten, dt. von Angelika Gillitz-Acar und Angelika Hoch

Die Journalistin Nevra Tuna steckt in einer privaten und beruflichen Krise. Ihre ganze Hoffnung setzt sie auf ein Interview mit der inhaftierten kurdischen Politikerin Zelha Bora, das ihre Karriere retten soll. Doch zwischen den beiden Frauen, deren Lebensverhältnisse unterschiedlicher nicht sein könnten, stehen nur Vorurteile und Vorwürfe. Kurz bevor das Gespräch zu scheitern droht, entdecken sie: In ihrer Kindheit waren die beiden engste Freundinnen. Nun versuchen sie, die vergangenen Jahre heraufzubeschwören und ungelöste Rätsel zu lösen. Letzten Endes ist es die wiedergefundene Freundschaft der beiden Frauen, die politische Gräben überbrückt. (Text: Verlag)


Orhan Pamuk: Diese Fremdheit in mir
Hanser Verlag, 592 Seiten, dt. von Gerhard Meier

Kann man die falsche Frau heiraten und trotzdem die große Liebe finden? Mevlut ist Straßenverkäufer in Istanbul, als er sich Ende der 60er Jahre auf der Hochzeit seines Cousins in die jüngere Schwester der Braut verliebt. Drei Jahre lang schreibt er ihr Liebesbriefe nach Anatolien. Doch dann schickt man ihm die ältere Schwester. Pflichtbewusst heiratet Mevlut Rayiha, und ausgerechnet ein Jugendfreund nimmt seine Angebetete zur Frau. Die beiden Familien leben drei Jahrzehnte in enger Verbundenheit, doch dann nimmt ihr Schicksal eine dramatische Wende. (Text: Verlag)

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Fatma Aydemir: Ellbogen
Hanser Verlag, 272 Seiten

Sie ist siebzehn. Sie ist in Berlin geboren. Sie heißt Hazal Akgündüz. Eigentlich könnte aus ihr eine gewöhnliche Erwachsene werden. Nur dass ihre aus der Türkei eingewanderten Eltern sich in Deutschland fremd fühlen. Und dass Hazal auf ihrer Suche nach Heimat fatale Fehler begeht. Erst ist es nur ein geklauter Lippenstift. Dann stumpfe Gewalt. Als die Polizei hinter ihr her ist, flieht Hazal nach Istanbul, wo sie noch nie zuvor war. Warmherzig und wild erzählt Fatma Aydemir von den vielen Menschen, die zwischen den Kulturen und Nationen leben, und von ihrer Suche nach einem Platz in der Welt. Man will Hazal helfen, man will mit ihr durch die Nacht rennen, man will wissen, wie es mit ihr und mit uns allen weitergeht. (Text: Verlag)


Elif Shafak: Der Geruch des Paradieses
Verlag Kein & Aber, 560 Seiten, dt. von Michaela Grabinger

Als Peri auf dem Weg zu einer Dinnerparty in Istanbul auf offener Straße überfallen wird, fällt ein Foto aus ihrer Handtasche ein Relikt aus ihrer Studienzeit in Oxford. Daraufhin wird sie von der Erinnerung an einen Skandal eingeholt, der ihre Welt für immer aus den Fugen gehoben hat. Elif Shafak verwebt meisterhaft Fragen der Liebe, der Schuld und des Glaubens und erzählt, wie der Kampf zwischen Tradition und Moderne die junge Frau zu zerreißen droht.(Text: Verlag)

Rezension des Romans im Blog der Münchner Stadtbibliothek

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Murat Isik: Das Licht im Land meines Vaters
Arche Verlag, 448 Seiten, dt. von Gregor Seferenz

Der zehnjährige Miran wächst in den 1960er Jahren in dem Dorf Sobyan auf, das einst von Armeniern besiedelt war. Er ist der zweitälteste Sohn der Familie Uslu, die dem kurdischen Volk der Zaza angehört. Mirans Vater Selim ist Viehhirte und ein beliebter Geschichtenerzähler, seine Mutter eine schöne und einflussreiche Frau. Die Uslus führen ein karges, aber gutes Leben – bis ein Lehrer aus der Hauptstadt ins Dorf kommt, der den Kindern auf Anordnung der Regierung Türkisch beibringt. Miran heißt nun Mehmet, und der Stolz seines Vaters verursacht ein Unglück, das alles für immer verändert. Ein Familienroman vor dem Hintergrund der türkischen Geschichte des 20. Jahrhunderts: dem Konflikt zwischen Sunniten und Aleviten, dem Völkermord an den Armeniern, dem rückständigen Land und dem rasanten Wirtschaftsboom in den Städten. (Text: Verlag)


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