Reading Challenge 2018: 11 Mal Afrika erlesen

Vorige Woche haben wir zur Reading Challenge „Lesen verbindet!“ aufgerufen. Die erste Aufgabe, die wir euch und uns stellen: Romane von afrikanischen Autorinnen und Autoren lesen! Hier sind unsere neuesten Empfehlungen – noch mehr Buchtipps zum Thema bieten die Artikel „Buchweltreise durch Afrika“. „Nigeria erlesen“ und „13 afrikanische Romane“. Sowie unsere Pinnwand auf Pinterest (siehe auch unten).

Ein Klick auf das jeweilige Buchcover führt euch direkt in unseren Onlinekatalog zum Ausleihen oder Bestellen.

Alexander McCall Smith: No. 1 Ladies‘ Detective Agency (Reihe)

„Ein Krokodil für Mma Ramotswe“ von Alexander McCall Smith war der Auftakt einer ganzen Serie über die erste Privatdetektivin Botswanas. Als Precious Ramotswes geliebter Vater stirbt und ihr seine stattliche Viehherde hinterlässt, verkauft sie diese und eröffnet mit dem Geld stolz die erste von einer Frau geführte Privatdetektei in Botswana – die „No. 1 Ladies‘ Detective Agency“. Nach anfänglicher Skepsis merken ihre Landsleute schnell, dass so eine Privatdetektivin ihre Vorzüge hat, und bald hat Mma Ramotswe ihren ersten Fall zu lösen. Mit viel Humor, Pragmatismus und Energie geht die Detektivin mit der „traditionellen Statur“ zu Werke und lässt sich durch nichts beirren.

Die botswanische Bevölkerung, ihre Lebensart und die Landschaft Botswanas sind so eindrücklich und schön beschrieben, dass man sofort Lust bekommt, dieses wunderbare Land zu besuchen und bei einer Tasse Rotbuschtee mit Mma Ramotswe über das Leben zu philosophieren. Aber Achtung – wer einmal angefangen hat, hört so schnell nicht mehr auf! Die Bücher lesen sich leicht, und inzwischen sind bereits 17 Bände erschienen. Starke Konkurrenz für Miss Marple! Aurica

Der erste Band erschien bei Bastei Lübbe, die folgenden im Heyne Verlag


Yaa Gyasi: Heimkehren (i.O. „Homegoing)

Ich weiß leider nicht mehr wo genau, aber in einer Zeitung stand über dieses Buch zu lesen: Wer wissen wolle, warum die USA sind, was sie sind, der müsse „Heimkehren“ lesen. Und besser kann ich es eigentlich auch nicht sagen. Gyasi, die heute in Kalifornien lebt, ist in Ghana geboren, der ehemaligen „Kronkolonie Goldküste“, wo schon seit dem 17. Jahrhundert die Europäer siedelten, um Menschen und Natur auszubeuten.

Über sieben Generationen, bis ins Heute reichend, erzählt Gyasi die die Geschichte von zwei Schwestern – die eine heiratet einen weißen Sklavenhändler, die andere wird als Sklavin nach Amerika verschifft – und deren Nachkommen. Für mich war dieses Buch ein echter Pageturner: sehr kraftvoll und dennoch lakonisch, eine sympathische Erzählerinnenstimme, und natürlich will man wissen, wie und wo all das endet. (Und für alle die gerade „Underground Railroad“ von Colson Whitehead lesen wollten: Ich finde „Heimkehren“ viel besser!) Katrin

Auf Deutsch erschienen bei Dumont, bei uns auf Deutsch und Englisch, eBook und gedruckt erhältlich

 


Hazem Ilmi: Die 33. Hochzeit der Donia Nour

Donia Nour, eine junge Frau im Ägypten 2048, will der islamischen Diktatur und der Neo-Sharia entfliehen. In einem Land mit E-Hidschab, Koranverse rezitierenden Saugrobotern und gedankengesteuerten Wahlen kann sie sich nur mittels 24-Stunden Hochzeiten (kennt man heute im Iran als Zeitehe) das nötige Geld für die Flucht verschaffen.

Der Autor versteht es, eine wirklich schwer verdauliche Geschichte, mit Hilfe seines skurrilen Humors (auch Außerirdische spielen eine Rolle), sehr gut lesbar zu machen. Birgit W.

Blumenbar Verlag. Bei uns auf Deutsch (eBook und gedruckt) erhältlich

 

 


Chimamanda Ngozi Adichie: Americanah

Ifemelu gehört zur nigerianischen Mittelschicht. Um dem Nepotismus und der damit einhergehenden Perspektivlosigkeit ihrer Heimat zu entkommen, geht sie mit einem Studentenvisum in die USA, nach Princeton. Anfangs fast ungläubig, dann zunehmend wütend erlebt sie, wie sie als Schwarze in einer Welt, in der „weiß“ mainstream ist, ständig mit subtilen und nicht so subtilen Vorurteilen konfrontiert wird

Sie startet ein Blog „Raceteenth oder Ein paar Beobachtungen über schwarze Amerikaner (früher als Neger bekannt) von einer nicht-amerikanischen Schwarzen“, der nicht nur den Followern im Buch, sondern auch mir als Leserin immer wieder die Augen geöffnet hat – oder hättet ihr gewusst, warum man schwarze Frauen in den USA eigentlich nie mit krausem oder zu kunstvollen braids geflochtenem Haar sieht?

Chimamanda Ngozi Adichie gehört zur Gruppe der „Afropolitans“, einer neuen Generation von Kosmopoliten mit afrikanischen Wurzeln, die in Ghana oder Nigeria ebenso beheimatet sind wie in England oder in den USA. In ihren Romanen thematisieren sie Rassismus und gehen Fragen von Identität und Herkunft, Heimat und Zugehörigkeit nach. Stefanie Z.

S. Fischer Verlag. Bei uns auf Deutsch und Englisch (als eBook, Hörbuch und gedruckt) erhältlich.


Helon Habila: Öl auf Wasser

Dies ist ein zutiefst aufwühlender Roman, der in Form einer Reportage nüchtern beschreibt, wie Journalismus in einem Land wie Nigeria funktioniert und dabei anschaulich aufdeckt, was es für leere Versprechungen seitens der Ölmultis und der Regierung sind, wenn der Bevölkerung in den Ölfördergebieten Teilhabe am Reichtum durch Petrodollars versprochen wird.

Durch das gekonnte Spiel mit verschiedenen Zeitebenen werden Beziehungen zwischen den einzelnen Handlungssträngen spannend in Szene gesetzt oder auch mal in der Schwebe gehalten. Helon Habila zeigt sich als virtuoser Stilist, der prickelnde Unmittelbarkeit herzustellen versteht. Ihm ist es mit „Öl auf Wasser“ gelungen, einen spannungsgeladenen Politthriller zu schreiben, der aber zugleich als ein aufschlussreicher Umweltkrimi über die Verhältnisse in Nigeria gelesen werden kann. Eine ganz zarte, überaus subtil erzählte Liebesgeschichte fehlt auch nicht. Ute

Wunderhorn Verlag. Bei uns auf Deutsch erhältlich, als eBook und gedruckt.

 


Imbolo Mbue: Das geträumte Land

Rise and fall of the american dream. Der Traum von Amerika. Sprachgewaltig erzählt. Großartig. Lisa-Katharina

Kiepenheuer & Witsch. Bei uns auf Deutsch (eBook und gedruckt) und Englisch (eBook) erhältlich.

 

 

 


Chigozie Obioma: Der dunkle Fluss

Ein eindringliches Familiendrama, eingebettet in die Zeitgeschichte Nigerias: Es beschreibt das Schicksal einer Familie, die sich am Westen in Bezug auf Bildung und fortschrittlicher Denkweise orientiert, die jedoch ständig hin- und hergerissen wird zwischen Tradition und Moderne der nigerianischen Gesellschaft.

Erschütternd ist die Hilflosigkeit der Eltern, denen es trotz strenger Erziehung nicht gelingt, dass sich die Söhne von den Gedanken und Praktiken des archaischen Glaubens zunehmend negativ beeinflussen lassen. So nimmt die dramatische Tragödie ihren fatalen Lauf. Letztendlich zerbricht die Familie an der verloren gegangenen Liebe und dem fehlenden Vertrauen untereinander. Eva F.

Aufbau Verlag. Bei uns auf Deutsch (eBook und gedruckt) und Englisch (eBook, gedruckt und Hörbuch)

 


Nagib Mahfuz: Kairo-Trilogie (Zwischen den Palästen – Palast der Sehnsucht – Zuckergäßchen).

Wer in die Geschichte Ägyptens im 20.Jahrhundert eintauchen möchte, bekommt hier ein höchst spannendes und unterhaltsames Sittengemälde einer Kairorer Kaufmannsfamilie über drei Generationen gezeichnet in einer wunderbaren Sprache – die Buddenbrooks in Tausendundeiner Nacht!

Wem dies zu opulent als Einstieg ist, dem sei der Band „Die Midaq Gasse“ oder einer der späteren politischen Romane des ersten arabischsprachigen Literaturnobelpreisträgers wie „Der letzte Tag des Präsidenten“ empfohlen. Tanja

Unionsverlag. Die Romane von Nagib Machfus haben wir auf Deutsch und Arabisch im Bestand.

 


NoViolet Bulawayo: Wir brauchen neue Namen

Unmittelbar taucht der Leser in die Welt des Mädchen Darling ein, findet sich in der Blechhüttensiedlung „Paradise“ wieder und nimmt an ihrem Alltag teil. Konsequent behält der Roman die Sicht des Kindes bei und schafft damit eine glaubwürdige und auch humorvolle Atmosphäre.

Mich hat das Buch beeindruckt, weil ich mir Darlings Leben sehr gut vorstellen konnte. NoViolet Bulawayo hat Perspektive und Sprache so überzeugend eingesetzt, dass es mir tatsächlich gelungen ist, eine mir fremde Welt durch die Augen dieses Mädchens zu sehen. Silke

Suhrkamp Verlag. Bei uns auf Deutsch (eBook und gedruckt) und Englisch (gedruckt) erhältlich.

 

 


 José Eduardo Agualusa: Eine allgemeine Theorie des Vergessens

Der Roman spielt in Angola zur Zeit des Bürgerkrieges von 1975 bis 2002. Aus Angst vor den Tumulten auf der Strasse mauert sich eine Frau in ihrer Wohnung in einem Hochhaus in Luanda ein und verlässt sie fast 30 Jahre nicht mehr. Ihr Schicksal ist der rote Faden in einem Geflecht von Lebenslinien, die der Autor kunstvoll zu einem poetischen und ungewöhnlichen Geschichtenteppich miteinander verknüpft. Der schmale Roman ist schnell gelesen, bleibt aber lange und eindrücklich im Gedächtnis. Doris

C.H. Beck. Die Romane von Agualusa sind bei uns auf Deutsch, Englisch und Portugiesisch erhältlich.

 

 


Tendai Huchu: Der Friseur von Harare

Vimbai ist die Starfriseurin im Salon von Mme. Khumalo – bis eines Tages der charmante, mutige und hochtalentierte Dumi eingestellt wird und ihr fortan alles vor der Nase wegschnappt: die Aufmerksamkeit der Chefin, die besten Kundinnen, die Position des Geschäftsführers. Als Dumi Vimbais Hilfe braucht, lässt sie ihn bei sich einziehen; die beiden werden ein Paar – aber nicht so richtig. Denn irgendetwas stimmt nicht mit Dumi.

Was dem in Edinburgh lebenden Schriftsteller Tendai Huchu mit seinem Roman „Der Friseur von Harare“ gelingt, ist keine Kleinigkeit. Aus der weiblichen Perspektive von Vimbai erzählt er vom Alltag einer Großstadt in postkolonialen Zeiten: Gesetze gelten nicht für jeden und für manche ganz besonders; Allianzen und Feindschaften halten sich längst nicht mehr an die einstigen Gegensätze Schwarz und Weiß, Reich und Arm, Frau und Mann. Man lebt, oder versucht es wenigstens. Und wenn nicht hier, dann eben woanders. Katrin

Peter Hammer Verlag. Bei uns auf Deutsch (eBook und gedruckt) erhältlich. Huchus neuester Roman auch auf Englisch (eBook).


Noch mehr Buchtipps zu unserer Reading Challenge gibt es auf Pinterest:

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Featured Image: Oluwakemi Solaja / Unsplash



9 Kommentare zu “Reading Challenge 2018: 11 Mal Afrika erlesen

  1. j.buff on 18/01/2018 at 9:15 pm sagt:

    Ein paar davon kenne und liebe ich schon – „Wir brauchen neue Namen“ von NoViolet Bulayawo habe ich schon xmal weiterempfohlen. Ich habe mir heute morgen selber was ausgesucht:
    „Das Ikarus-Mädchen“ von Helen Oyeyemi (ISBN 978-3-8270-5066-3) – ist schon etwas älter, aber macht ja wohl nichts. Ein Mädchen mit englischem Vater und nigerianischer Mutter lebt zwischen zwei Kulturen und versucht, dieser Schwierigkeit mit Hilfe ihrer imaginären Freundin TillyTilly zu entgehen … ich bin sehr gespannt auf das Buch. – Hätte ich nie ohne diese ReadingChallenge angefangen!

    • Katrin on 19/01/2018 at 8:45 am sagt:

      Helen Oyeyemi ist ganz zauberhaft, in jedem Sinne! Diese Autorin wollte ich noch einmal gesondert vorstellen, auch weil ich nicht verstehen kann, dass sie kaum ins Deutsche übersetzt wird. Die Münchner Stadtbibliothek hat gerade ihren neuen Erzählband als englisches eBook erworben – ist allerdings gerade ausgeliehen, nämlich von mir 😉 So erfülle ich die Januar-Aufgabe der Reading Challenge …

  2. Chilivani on 27/01/2018 at 5:55 pm sagt:

    Ich les jetzt “ Der Friseur von Harare“ und find es voll gut, vor allem, weil ich eine Geschichte lesen wollte, die so mitten in Afrika spielt, in der Mitte oder im Süden. Gut geschrieben, mit Witz und man bekommt einen guten Einblick in das Leben und Feeling der Leute dort. Kann ich nur empfehlen.

  3. j.buff on 04/02/2018 at 7:17 pm sagt:

    Langsam lese ich mich an Afrika ran. Erst war ich mit dem „Floß der Medusa“ unterwegs, dann mit der „Underground Railway“, dann kam ich auch wieder aus Richtung Amerika: „Heimkehren“ von Yaa Gyasi und nun das Ikarus-Mädchen

    • Katrin on 05/02/2018 at 10:57 pm sagt:

      Wenn du weitere Tipps brauchst, einfach Bescheid geben

      • j.buff on 08/02/2018 at 10:49 am sagt:

        Das „Ikarus-Mädchen“ habe ich ausgelesen – bin fasziniert. Erst dachte ich, daß TillyTilly so eine Art afrikanische Pippi Langstrumpf ist, aber dann ist doch alles ganz anders. Besonders schön auch das Gedicht „Lobgesang des Leoparden“ auf der allerletzten Seite.
        Nun kommt „Hundezeiten“ von Patrice Nganang – es stand da gerade so im Regal herum und Kamerun ist ja auch nicht weit von Nigeria

  4. Marlene on 04/02/2018 at 7:38 pm sagt:

    „Heimkehren“ war toll. Danke für den Tipp!

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