Lesezeichen im Dezember

13 empfehlenswerte Bücher

Für die Reihe „Lesezeichen“ touren unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch unsere Bibliotheken, um den Münchnerinnen und Münchnern ihre Lieblingsbücher vorzustellen. Und damit alle etwas davon haben, gibt es ihre Tipps auch hier im Blog. Ein Klick aufs jeweilige Cover führt euch in unseren Onlinekatalog zum Ausleihen oder Bestellen!


Empfehlungen von Kai

Stephen King: Gwendys Wunschkasten
Aus dem Amerikanischen von Ulrich Blumenbach. Heyne Verlag, 128 Seiten

Wie wäre es, sich mit Hilfe eines Kastens alles wünschen zu können, was man möchte? Und wenn der Wunsch in Erfüllung ginge, wem würde es nützen und wer hätte den Schaden? Dieses Gedankenspiel ist die Grundlage für die großartige Coming-of-Age-Geschichte über die junge Gwendy Peterson. Denn sie bekommt solch einen Kasten geschenkt, und außer Schokoladen- und Silbermünz-Schaltern gibt es auch einige Tasten, die viel, viel Größeres bewirken können… Eine spannende und hintergründige Erzählung von einem der meiner Meinung nach besten Literaten Amerikas; außerdem auch eine leider nur allzu aktuelle Parabel auf das Weltgeschehen, wo einige Politiker mit dem Druck auf ein paar Knöpfe großes Unheil anrichten können.

 

Florence Braunstein/Jean-François Pépin: 1 Kilo Kultur. Das wichtigste Wissen von der Steinzeit bis heute
Deutsche Ausgabe unter Mitarbeit von Alexander Kluy. C.H. Beck, 1296 Seiten

Was für ein Titel, was für ein Buch! Der Ziegelstein aus Papier, der in deutschen Übersetzung übrigens ganze 1,6 Kilo wiegt, ist ein Festessen für Kultur-, Geschichts-, Literatur- und Bildungsinteressierte. Das Werk bietet kurze Essays zu allen wichtigen Ereignissen der Weltgeschichte, vor allem in kulturgeschichtlicher Hinsicht. Ganz klar, dass bei solch einem Parforce-Ritt nicht alle Themen aller Epochen und geografischer Regionen ganz gleichwertig behandelt werden. Aber das Bemühen der Autor_innen wird deutlich, eine weniger eurozentrische und mehr globale Sicht der Weltläufte zu entwickeln.


Empfehlungen von Katja

Omar El Akkad: American War
Aus dem Englischen von Manfred Allié, Gabriele Kempf-Allié. S. Fischer, 448 Seiten

Im Jahr 2075 sind die USA gespalten: Südstaaten und der Norden stehen sich in einem bitteren Bruderkrieg gegenüber. Der Debütroman von El Akkad ist nicht nur eine dystopische Zukunftsversion – seine Grundaussagen sind erschreckend real.

Der Krieg zerbrach sie überall auf dieselbe Art, machte sie überall ängstlich und wütend und rachsüchtig. In Glücks- und Friedenszeiten waren die Unterschiede groß, doch nahm man ihnen Glück und Frieden, dann sah man, wie sehr sich alle Menschen glichen.

 

Margaret Atwood: alias Grace
Aus dem Amerikanischen von Brigitte Walitzek. Piper, 624 Seiten

Margaret Atwood wurde 2017 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Ihre Bücher sind mittlerweile alle neu aufgelegt und vereinzelt sogar verfilmt worden. Persönlich kann ich sagen, dass Margaret Atwood die Autorin ist, die mich in diesem Jahr am meisten beeindruckt und beeinflusst hat. Ihr Roman „alias Grace“ stammt aus dem Jahr 1996 und basiert auf einer wahren Begebenheit. Grace Marks ist eine 16jährige irische Einwanderin und wird Mitte des 19. Jahrhunderts in Kanada des Mordes angeklagt. Die Frage, ob das arme Hausmädchen, ihren wohlhanden Arbeitsgeber tatsächlich umgebracht hat, spielt in Atwoods Roman nur eine untergeordnete Rolle – vielmehr werden die Fragen nach Macht und Unterdrückung, Ungleichheiten und gesellschaftlichen Regeln gestellt. Der Fall ist auch nach 160 Jahren noch präsent, weil er so hochaktuell ist.

Colson Whitehead: Underground Railroad
Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Hanser, 352 Seiten

Nachdem ein Roman den Pulitzer Preis gewonnen hat, kann man ihn nur schwerlich als Geheimtipp bezeichen. Um „Underground Railroad“ kommt man in diesem Jahr nicht herum. Whiteheads preisgekröntes Buch hat nicht nur den ehemaligen US-Präsidenten Obama beeindruckt. Mit bildgewaltiger, leidenschaftlicher Sprache erzählt uns der Autor die Geschichte von der Underground Railroad, einem unterirdischen Schienennetzwerk, das entflohene Sklaven in den sicheren Norden bringen soll. Das dunkle Kapitel der amerikanischen Geschichte wird brutal und schonungslos offenbart. Die Sklaverei und die Apartheid existieren so nicht mehr – und trotzdem schwingt die gegenwärtige Relevanz in jeder Zeile dieses Romans mit!

Sy Montgomery: Rendezvous mit einem Oktopus
Aus dem Englischen von Heide Sommer. Mare, 336 Seiten

Das wunderbare Sachbuch der amerikanischen Naturforscherin informiert nicht nur, nein es begeistert gerade zu. Über Monate hat Montgomery Oktopoden beobachtet, erforscht und sich mit ihnen angefreundet. In ihrem Buch gibt es viele interessante Fakten, aber im Mittelpunkt stehen vor allem die berührenden und lustigen Geschichten, die sie mit der Oktopusdame Octavia erlebt hat. Und über allem steht die Frage nach dem Bewusstsein. Sy Montgomery liebt dieses geheimnisvolle Meerestier – und dank ihr tu ich das jetzt auch.


Empfehlung von Judith

Sheryl Sandberg und Adam Grant: Option B. Wie wir durch Resilienz Schicksalsschläge überwinden und Freude am Leben finden
Aus dem Amerikanischen von Sonja Schuhmacher, Barbara Steckhan, Thomas Wollermann. Ullstein, 288 Seiten

„Option A gibt es nicht mehr. Also lasst uns das Beste aus Option B machen“: Sheryl Sandberg, erfolgreiche Geschäftsführerin von Facebook, verliert völlig unerwartet ihren Ehemann und stürzt in tiefe Trauer. Authentisch und ermutigend erzählt sie von ihren (konkreten) Schritten zurück ins Leben, unterstützt durch die Geschichten andere Trauernder. Ihre Botschaft: „Widerstandsfähigkeit ist wie ein Muskel und kann trainiert werden.“ Trauer und Verlust erleben wir alle irgendwann – im eigenen Leben oder durch unsere Freunde. Dieses Buch gibt ganz praktische Tipps, wie man trotzdem weitermachen kann!


Empfehlungen von Nadine

Ayelet Gundar-Goshen: Die Lügnerin
Aus dem Hebräischen von Helene Seidler. Kein & Aber, 336 Seiten

Seit „Löwen wecken“ zählt Gundar-Goshen zu meinen Lieblingsautorinnen. Sie packt ernste Themen mit subtilen Humor an und zeichnet Figuren, moralisch immer an der Schmerzgrenze, die ans Herz wachsen. In ihrem aktuellen Buch möchte eine Außenseiterin endlich beachtet werden und nimmt, bevor das letzte Schuljahr beginnt, einen Job in einer Eisdiele an – aber nichts Aufregendes passiert. Doch eines Tages betritt ein eitler, ehemaliger Popstar die Eisdiele. Was dann passiert, bringt den Einen in Untersuchungshaft, der Anderen mediale Aufmerksamkeit. Ein Buch voller Lügen mit späten Einsichten und verschmitzt bis zum Schluss!

Lize Spit: Und es schmilzt
Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. S. Fischer, 512 Seiten

In einem Interview fand ich die Autorin bezaubernd. Das Buchcover ist elegant und edel gestaltet. Daher war ich nicht wirklich vorbereitet, auf das, was zwischen den Buchdeckeln geschieht. Die ersten 30 Seiten habe ich gebraucht, um in die Geschichte `reinzukommen, aber dann ist alles logisch, fließt ineinander über, und man schmilzt dahin. Beide, Autorin wie Protagonistin, sind 1988 geboren, und ich kann nur hoffen, dass der Inhalt nicht allzu viele biographische Züge trägt und Lize nicht das erfahren musste, was Eva passiert ist. Eh man begreift, wie alles zusammenhängt, ist es schon zu spät, und man steckt ohne Vorwarnung mitten in diesem Leben und dem Rätsel! Ein Pageturner der anderen Art.

Pierre Lemaitre: Drei Tage und ein Leben
Aus dem Französischen von Tobias Scheffel. Klett-Cotta, 270 Seiten

Der zwölfjährige Antoine erschlägt im Affekt seinen Spielkameraden Remi. Was zu der Tat führte, ob Antoine entdeckt wird, mit der Schuld leben muss oder kann, erzählt dieser Roman herausragend auf wenigen Seiten. Als Leser fiebert man zwei Tage mit Antoine und gegen ihn, man möchte ihn einfach nur umarmen und sagen: Alles wird gut. Gleichzeitig möchte man, dass er entdeckt wird und gesteht. Nach drei fiebrigen Tagen wähnt man sich mit Antoine in Sicherheit. Aber kann Antoine seinem Schicksal wirklich entkommen? Wie sich sein Leben entwickelt, hätte ich so niemals vermutet. Spannend, tiefgründig und unberechenbar.


Empfehlungen von Stefanie Z.

Paul Auster: 4 3 2 1
Aus dem Amerikanische von Karsten Singelmann, Nikolaus Stingl, Thomas Gunkel, Werner Schmitz. Rowohlt, 1264 Seiten.

Wie wird ein Mensch zu dem, was ihn ausmacht? Welche Rolle spielt die Welt, in die er hineingeboren wird? Und gibt es eine Art unveränderlichen Wesenskern des Menschen, unabhängig von Glück und Zufall?

Paul Auster, einer der ganz Großen der amerikanischen Literatur, ist 70 geworden. „4 3 2 1“ ist, sagen die Kritiker, so etwas wie sein „Opus magnum“ – und ein fesselnd zu lesender Roman. Meine Empfehlung des Jahres – mindestens!


Empfehlungen von Sabine

Maja Lunde: Die Geschichte der Bienen
Aus dem Norwegischen von Ursel Allenstein. btb, 512 Seiten

Die norwegische Autorin erzählt von drei Familien, die in verschiedenen Jahrhunderten an unterschiedlichen Orten leben, aber durch die Geschichte der Bienen verbunden sind. England 1852: Der Samenhändler William kann seit Wochen das Bett nicht verlassen. Doch dann kommt er auf eine Idee, die alles verändern könnte – die Idee für einen völlig neuartigen Bienenstock. Die zweite Geschichte handelt von George, der 2007 hart als Imker arbeitet und möchte, dass sein Sohn Tom eines Tages den Hof übernimmt. Die dritte Familie lebt in China im Jahr 2098. Tao, die als Pflanzenbestäuberin arbeitet, wünscht sich mehr als alles andere ein besseres Leben für ihren Sohn Wei-Wen.

Ein viel gelobtes und hochaktuelles Buch, lange Zeit ganz oben auf den Bestsellerlisten – und das zu Recht!

John Green: Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
Aus dem Englischen von Sophie Zeitz. Hanser, 288 Seiten

Die 16-jährige Aza Holmes will dem Geheimnis um einen verschwundenen Milliardär auf die Spur kommen. Doch das ist gar nicht so einfach, da sie gegen fiese Ängste und Zwangsstörungen kämpfen muss, die ihre Gedankenwelt beherrschen. Mit ihrer furchtlosen besten Freundin Daisy und dem Sohn des Milliardärs versucht sie, Mut zu beweisen, und überwindet so manches Hindernis. John Green hat hier wieder ganz besondere Hauptfiguren mit ihren ganz eigenen Problemen geschaffen, Spannung trotzdem garantiert. Für Jugendliche und erwachsene Leser!


Featured Image: Alice Hampson / Unsplash

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