faq, Folge 10

Gibt es in der Juristischen Bibliothek Eulenstaub?

Wer bei der Suche nach Gesetzestexten oder Urteilen an den Raum 367 im Rathaus verwiesen wird, ahnt vermutlich nicht, welch Kleinod ihn beim Betreten der Juristischen Bibliothek erwartet: ein Lesesaal aus der Zeit des Münchner floralen Jugendstils entworfen vom Architekten des Neuen Rathauses Georg von Hauberrisser.

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Bild: (c) Münchner Stadtbibliothek

Doch nicht nur Juristen, Beamten, Stadtangestellten und informationssuchenden Bürgerinnen und Bürgern ist dieser Ort ein Begriff, sondern auch Film- und Werbeschaffende haben den prächtigen Lesesaal, der den architektonischen Zeitgeist um die Wende zum 20. Jahrhundert atmet, für sich entdeckt. Und so dient der Raum immer wieder als Kulisse für Mode- und Promotionsaktionen verschiedenster namhafter Magazine. Selbstredend ist er als Ort für Lesungen bestens geeignet und gibt Gelegenheit, Autorinnen und Autoren wie Asta Scheib, Friedrich Ani, Gert Heidenreich, Max Mannheimer, Frido Mann oder natürlich auch den ehemaligen Hausherrn Christian Ude live zu hören oder Veranstaltungen des Krimifestes sowie der Verleihung des Agatha-Christie-Preises beizuwohnen.

Weitgehend unbemerkt gehen die Fotoshootings für Zeitschriften oder Kalender sowie Dreharbeiten für Dokumentationen (z.B. für „Terra X“) und Interviews vonstatten, da die Leiterin der Bibliothek großen Wert darauf legt, dass die täglichen Besucher und Besucherinnen nicht gestört werden. Die künstlerischen Aktivitäten können sich nur außerhalb der Öffnungszeiten entfalten.

Dies bedeutet zwar dann auch mal Nachtschichten für die Mitarbeiterinnen, die den Drehort beaufsichtigen, aber es ermöglicht interessante Begegnungen: so erkennt vielleicht der eingefleischte Cineast die Wendeltreppe aus „Cabaret“ wieder, die Liza Minelli 1972 hinabtänzelt. Auf selbiger sitzt 32 Jahre später Katja Riemann als Filmmutter von „Bibi Blocksberg“ bei deren Suche nach dem sagenhaften Eulenstaub für ihre im Rollstuhl sitzende Freundin. Das Filmteam war von der Kulisse so begeistert, dass sie die Regale für einige Szenen mit aufwändigen Schreinerarbeiten in den Raum verlängerten, eine Drehtür einbauten, und so wird der Lesesaal fast 10 Filmminuten lang – welche mehrere Filmtage bedeuten – wechselweise auch von Ulrich Noethen, Corinna Harfouch und Edgar Selge aufgesucht.

Derzeit stehen Aufnahmen für die „SOKO München“ an. Das Motiv kommt mit überschaubarem Equipment aus, anders als beim Dreh zum Kinofilm „Anatomie“, wo zwei Sattelschlepper die notwendige Ausstattung heranschafften und nachts mit Flutlicht von außen die Szenen taghell ausleuchteten.

Aufgeführt ist der Lesesaal auch in „111 Orte, die man in München gesehen haben muss“, und bei den regelmäßigen Rathausführungen des Tourismusbüros am Wochenende ist diese unscheinbar klingende Raumnummer natürlich ebenfalls ein fester Programmpunkt.

Beantwortet von Christa Waltenberg, Leiterin der Juristischen Bibliothek

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